Die rechte nationalistische Partei AUR zieht erstmals ins rumänische Parlament ein

Für Familie und Vaterland

Die rechtspopulistische Partei AUR ist erstmals ins rumänische Parlament gewählt worden. Das könnte dazu führen, dass auch die Sozialdemokraten wieder vermehrt nationalistische Positionen vertreten.

In nahezu allen EU-Ländern sitzen rechte nationalistische Parteien im Parlament. Auch in Rumänien zieht nun mit der 2019 gegründeten Allianz für die Vereinigung der Rumänen (AUR, Alianța pentru Unirea Românilor) eine solche Partei ins Parlament ein.

Bei der Wahl für die Abgeordnetenkammer am 6. Dezember erhielt die AUR 9,1 Prozent der Stimmen. Die Sozialdemokratische Partei (PSD) kam auf 28,9 Prozent, verglichen mit der Parlamentswahl 2016 ein Verlust von 16,6 Prozentpunkten. Die Nationalliberale Partei (PNL) des ehemaligen Ministerpräsidenten Ludovic Orban kam auf 25,2 Prozent der Stimmen. Das Antikorruptionsbündnis USR-Plus erhielt 15,4 Prozent, die Partei der ungarischen Minderheit UDMR 5,7.

Die rechtspopulistische rumänische Partei AUR behauptet, lediglich konservativ zu sein.

Orban war im November 2019 Ministerpräsident geworden, nachdem die sozialdemokratische Regierung unter Ministerpräsidentin Viorica Dăncilă durch ein erfolgreiches Misstrauensvotum im Parlament abgewählt worden war (Der andere Orban). Am 7. Dezember kündigte Orban seinen Rücktritt an, weil seine Partei bei der Parlamentswahl weniger Stimmen als die PSD erhalten hatte.

Die AUR – das Wort Aur bedeutet Gold auf Rumänisch – agitiert für den Anschluss der benachbarten Republik Moldau an Rumänien, lehnt die ihrer Meinung nach »neomarxistische Gender-Ideologie« ab und hält die Idee hoch, die traditionelle Familie sei die einzig wahre Lebensform. Dass die Partei dann auch noch das orthodoxe Christentum zur moralischen Grundlage der Nation erklärt, erinnert Beobachter wie den Politologen Cristian Pîrvulescu an den rumänischen Faschismus der »Eisernen Garde« der Zwischenkriegszeit (1930 gegründet, hervorgegangen aus der drei Jahre zuvor ins Leben gerufenen »Legion des Erzengels Michael«). Die AUR behauptet freilich, lediglich konservativ zu sein – wie man es auch von der AfD oder der sogenannten Neuen Rechten in Deutschland kennt.

Schaut man sich wichtige AUR-Repräsentanten an, dann spricht aber vieles dafür, dass die Partei sich an den Vorstellungen rumänischer rechtsextremer Gruppen orientiert und anderen rechten nationalistischen Parteien in Europa ähnelt. Einer der beiden Parteivorsitzenden, George Simion, hat sich als nationalistischer Agitator in der Republik Moldau derart unbeliebt gemacht, dass er mit einem Einreiseverbot belegt wurde. Der andere Parteivorsitzende, Claudiu-Richard Târziu, war Mitbegründer der »Koalition für die Familie«. Der Zusammenschluss von Verbänden und NGOs beantragte eine Volksabstimmung, mit der ein Verbot der gleichgeschlechtlichen Ehe in die rumänische Verfassung aufgenommen werden sollte. Das Referendum scheiterte, weil an der Abstimmung im Oktober 2018 zu wenige Wahlberechtigte teilgenommen hatten.

Andere prominente Repräsentanten der Partei sind der Schriftsteller und Heidegger-Übersetzer Sorin Lavric, der Roma in einem seiner Bücher als »soziale Plage« bezeichnet und zahlreiche frauenverachtende Aussagen getätigt hat, der General Nicolae Roman, dem vorgeworfen wird, 1989 das Feuer auf Demonstranten gegen das Ceaușescu-Regime eröffnet zu haben, und Diana Iovanovici-Șoșoacă, die sich gegen das Tragen von Mund-Nasen-Bedeckungen ausspricht und gegen Vorkehrungen zur Eindämmung der Covid-19-Pandemie verstieß, als sie in ihrer Funktion als Anwältin des Erzbischofs von Tomis, Teodosie Petrescu, eine orthodoxe Pilgerfahrt anführte.

Dass diese illustre Truppe auf Anhieb über neun Prozent der Stimmen für sich verbuchen konnte, lag wohl auch daran, dass die PSD diesmal auf einen Wahlkampf mit nationalistischen Tönen verzichtet hatte. Die Schwesterpartei der SPD hat in den vergangenen 30 Jahren immer wieder ­nationalistische Positionen ver­treten. Von ehemaligen Kadern der Kommunistischen Partei gegründet, konnte sie das Erbe der Ära des Diktators Nicolae Ceaușescus, eine an Nordkorea erinnernde Melange aus Staatswirtschaft und Nationalismus, nie abschütteln. Bei den Wählern kam das in der Vergangenheit gut an, so dass die Partei bei fast allen Wahlen der vergangenen 30 Jahre die meisten Stimmen erhielt.

Zu den Erfolgen der PSD trug auch ein engmaschiges klientelistisches Netzwerk bei, das die Partei in der Verwaltung sowie in privatisierten und staatlichen Unternehmen geknüpft hat. Der ehemalige Parteivorsitzende Liviu Dragnea sitzt gerade eine Gefängnisstrafe wegen eines Falls von Scheinbeschäftigung ab.

Der PSD fehlen potentielle Koalitionspartner für eine Regierung. Die PNL wird wohl mit USR-Plus und der UDMR eine Koalition bilden. Nach der Wahl liebäugelte der PSD-Vorsitzende Marcel Ciolacu mit der AUR: »Ihr Parteivorsitzender denkt wie ich«, sagte er rumänischen Medien, obwohl es auch mit den Rechten nicht für eine Mehrheit reicht.

Die rumänische Zeitung Gândul ­berichtete am Wochenende von einem Treffen Simions mit dem PSD-Spitzenpolitiker Vasile Dîncu, an dem auch Ciolacu teilgenommen haben soll. Letzterer bestreitet, dass das Treffen stattfand. Er räumte lediglich ein, mit Simion telefoniert zu haben. Dabei sei es ­jedoch nicht um Politik gegangen und wer wen angerufen hatte, wollte er nicht verraten.

Die AUR hat gezeigt, dass man mit Nationalismus Erfolge erzielen kann. Die Sozialdemokraten haben das registriert und werden wohl selbst wieder nationalistische Agitation betreiben. Immerhin – mehrheitsfähig ist das zur Zeit noch nicht.