Ein ungewöhnlicher Grabstein

Der Grabstein in der Hecke

Auf dem Friedhof seiner Heimatstadt hat unser Autor einen ungewöhnlichen Grabstein entdeckt. Seine Suche nach der Bedeutung des Steins förderte die lange vergessene Geschichte eines aus der Ukraine verschleppten Zwangsarbeiters in Nordhessen zutage.

Seit meine Großeltern vor ein paar Jahren gestorben sind, besuche ich regelmäßig den örtlichen Friedhof in meiner Heimatstadt Wolfhagen. Eines Tages fiel mir dort ein ungewöhnlicher Grabstein ins Auge. Er steht fast versteckt in einer Hecke, trägt keinen Namen und ist als orthodoxes Kreuz geformt – was ungewöhnlich ist, da es in Wolfhagen keine orthodoxe Kirche gibt. Kurze Zeit darauf machte ich ein Praktikum im Arolsen-Archiv, einem der NS-Zeit gewidmeten Forschungs- und Dokumentationszentrum ganz in der Nähe, wo ich mich unter anderem mit der Geschichte der Zwangsarbeiter beschäftigte. Ich fragte mich, ob der Stein in Wolfhagen das Grab eines ehemaligen Zwangsarbeiters sein könnte, und fing an, mich umzuhören.

Ganz offensichtlich hatte sich die ortsansässige Bevölkerung wenig bemüht, die Situation dieses Menschen zu verstehen, und sich stattdessen die einfachste Erklärung gesucht.

Der Pfarrer, der auch Vorsitzender der Friedhofskommission war, hatte seine Stelle eben erst angetreten und noch nie von dem Grabstein gehört. Von den Mitgliedern des Heimat- und Geschichtsvereins erfuhr ich, dass einer der von ihnen publizierten Bände schon einen kurzen Artikel über den Stein enthielt. Es stellte sich heraus: Die Geschichte des Mannes, an den dieser Grabstein erinnert, Gabriel Kulczycki, ist tatsächlich mit dem Zweiten Weltkrieg verknüpft.

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