»Ich bin dein Mensch«, der neue Film von Maria Schrader

Er ist ein Roboter und er sieht gut aus

Maria Schrader lotet in ihrem dritten Spielfilm, »Ich bin dein Mensch«, das Zusammenleben von Mensch und Maschine aus. Leider läuft das auf einen uralten Komödien-Gag hinaus.

Seit den Anfängen des Kinos sind humanoide Roboter und künstliche Intelligenzen, die ihren Schöpfern über den Kopf wachsen, ein wiederkehrendes Thema. Von der verführerischen Maschinen-Maria in Fritz Langs »Metropolis« (1927) über den mörderisch-renitenten Bordcomputer HAL 9000 in Stanley Kubricks »2001: Odyssee im Weltraum« (1968) bis zum Betriebssystem Samantha in Spike Jonzes romantischem Science-Fiction-Drama »Her« (2013) haben sie ihren Platz als ikonische Charaktere in der Filmgeschichte gefunden. Die komplexeren Filmerzählungen vermeiden dabei zumeist eindeutige moralische Bewertungen der Figur. So verkörpern die von Arnold Schwarzenegger dargestellten Cyborgs in den »Termi­nator«-Filmen von James Cameron mal eine tödliche Bedrohung, mal die letzte Hoffnung auf Rettung der Menschheit. Oftmals stellen die ­Filme grundlegende Fragen nach der Differenz und dem Verbindenden zwischen dem Menschen und dem menschenähnlichen Anderen, zum Beispiel wenn die Replikanten in Ridley Scotts »Blade Runner« (1982) ­Gefühle entwickeln und sich getreu dem Werbeversprechen des Herstellers Tyrell Corporation »menschlicher als der Mensch« verhalten.

Der Witz des Films funktioniert zumeist so, dass er die Klischees, die er zu hinterfragen vorgibt, eher zementiert als erschüttert.

Auch Tom (Dan Stevens), die hochentwickelte Maschine in Menschengestalt in Maria Schraders Spielfilm »Ich bin dein Mensch«, verfügt über genügend Rechenleistung, um darüber zu sinnieren, was eigentlich den Unterschied zwischen »echten« Gefühlen und ihrer datenbasierten Simulation ausmache. Tom ist in der Lage, nicht nur mit seinen Nutzern aus den verschiedenen gesellschaftlichen Milieus angemessen zu kommunizieren, sondern ebenso selbstverständlich mit anderen digitalen Systemen wie Internetarchiven oder elektronischen Schließanlagen – was sich in manchen Situationen als äußerst vorteilhaft erweist. Eine seiner hervorstechenden nichtmenschlichen Fähigkeiten ist es, mit allem und jedem klarzukommen. Eines der eindrücklichsten Bilder des Films zeigt Tom inmitten einer Gruppe Rotwild auf einer Lichtung stehend, ohne die Tiere durch seine Anwesenheit zu irritieren.

Vor allem verfügt er über gute Umgangsformen, ist ein eleganter Tänzer und kluger Gesprächspartner. Nicht zuletzt sieht der als Liebesroboter konzipierte Tom verdammt gut aus. Während einer Kalibrierungsphase soll er sich von Tag zu Tag besser an die Wünsche und Bedürfnisse seiner Besitzerin anpassen. In kurzer Zeit wird er, so sein Produktversprechen, als loyaler und noch dazu devoter Partner nicht mehr von einem menschlichen Lebensgefährten zu unterscheiden sein.

In ihrem dritten Spielfilm beschäftigt sich Maria Schrader im komödiantischen Science-Fiction-Format mit der Frage nach den Möglichkeiten des Zusammenlebens mit KI-Wesen. Ist ein solches vielleicht sogar der bessere Partner als der Mensch, weil alle Ärgernisse im Zusammenleben überwunden werden könnten, die sich durch veränderte Rollenbilder und Beziehungkonstellationen ergeben? Kann der Wunsch nach immer mehr convenience in Beziehungen vielleicht gar nicht von einem Menschen aus Fleisch und Blut erfüllt werden?

Hohe Ansprüche an sich und ihre Umwelt stellt die weibliche Hauptfigur Alma (Maren Eggert). Sie ist Wissenschaftlerin und arbeitet im Berliner Pergamonmuseum. Im Rahmen einer Studie lebt sie mit dem humanoiden Roboter Tom zusammen. ­Eigentlich forscht sie über sumerische Keilschrift, die als ältestes Schriftsystem der Menschheit gilt. Später entwickelte sich die Keilschrift zu Ideogrammen weiter, die es erlaubten, auch abstrakte Dinge darzustellen, und der Poesie den Weg ebneten – ein gigantischer Sprung in der Menschheitsgeschichte. Nicht minder revolutionär erscheint Alma die Entwicklung der künstlichen Intelligenz; also lässt sich die Wissenschaftlerin auf das Experiment ein, das ihr zudem neue Forschungsgelder bescheren soll.

Für ihre Darstellung der Alma erhielt Maren Eggert den Silbernen Bären für die beste schauspielerische Leistung in einer Hauptrolle bei der diesjährigen Berlinale. Das ist insofern verwunderlich, als ihre Alma lediglich das wandelnde Klischee einer sich progressiv wähnenden Großstadtbewohnerin ist. Offensichtlich soll sich vor allem diese Klientel in Almas beruflichen wie privaten Höhenflügen, Rückschlägen und Einstellungen wiedererkennen und gefallen. Statt wissenschaftlicher Neugier legt Alma gegenüber Tom von Beginn an eine schwer nachvollziehbare Ablehnung an den Tag, die sich weniger in kritischer Skepsis als in genervtem Trotz äußert. Von vornherein meint sie zu wissen, dass die Bedürfnisse nach Liebe, die der Roboter bedienen soll, genauso wenig real oder ernst zu nehmen seien, wie ihre Befriedigung es sein könne.

Wie Tom, der ihr zivilisatorisch immer zwei Schritte voraus zu sein scheint, beharrlich und immer freundlich um ihre Anerkennung ringt, ist mitunter herzergreifend komisch. Dennoch kommt der Film über das Niveau des Berichts, den Alma schließlich für die Ethikkommission über ihre Erfahrungen im Zusammenleben mit dem Liebesroboter schreibt, selten hinaus: Der klingt wie ein unbeholfener Schulaufsatz. Seine raren komischen Momente schöpft der Film aus dem abgenudelten Komödien-Plot von der Frau, die sich beharrlich »ziert«.

Mit einer prätentiösen Bildsprache, die architektonisch spektakuläre Orte wie das Futurium in Berlin-Mitte in Szene setzt und Figuren zeigt, die sich bei jeder Gelegenheit in irgendwelchen Fensterscheiben selbst bespiegeln, sowie einem luftig-jazzigen Soundtrack soll der Film als künstlerisch state of the art überzeugen. Immer wieder bleibt er aber – beispielsweise mit albernen Nebenrollen – doch im Fernsehfilmformat stecken. Auch der Witz funktioniert zumeist so, dass er die Klischees, die er zu hinterfragen vorgibt, eher zementiert als erschüttert. Bis in ihre intimen Wünsche wird die Protagonistin dieser banalen romantischen Komödie zuletzt von der rationalen Technik besser verstanden, als ihr das selbst je gelingen wird.

 

Ich bin dein Mensch (D 2021). Regie: Maria Schrader. Drehbuch: Jan Schomburg, Maria Schrader. Darsteller: Maren Eggert, Dan Stevens, Sandra Hüller, Hans Löw. Starttermin: 17. Juni