Der rechtsextreme Bundeswehrsoldat Franco A. streitet vor Gericht viele Vorwürfe ab

Belangloses Geständnis

Der rechtsextreme Bundeswehrsoldat Franco A. soll Anschläge unter der erfundenen Identität eines syrischen Geflüchteten geplant haben. Vor Gericht gab er sich bisher redselig und inszenierte sich als harmlosen Aufklärer, den entscheidenden Fragen wich er dabei aus.

Franco A. redete viel und sagte doch wenig. Im Mai 2021 begann das Strafverfahren gegen den Oberleutnant der Bundeswehr vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main, mittlerweile haben mehrere Verhandlungstage stattgefunden. Die Generalbundesanwaltschaft wirft A. die Vorbereitung ­einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat nach Paragraph 89a des Strafgesetzbuchs, Verstöße gegen das Waffengesetz, das Kriegswaffenkontrollgesetz, das Sprengstoffgesetz sowie Diebstahl und Betrug vor.

A. hatte den Besitz einer Pistole, den Diebstahl und den Betrug bereits früh im Prozess gestanden, die Planung terroristischer Anschläge aus rechtsextremem Motiven auf Politikerinnen und Politiker sowie zivilgesellschaftlich ­engagierte Personen aber abgestritten. Die Scheinidentität als syrischer Geflüchteter habe er nur angenommen, um Missstände in der Versorgung von und im Umgang mit Geflüchteten in Deutschland aufzudecken, und nicht, um Gewaltakte unter falschem Namen zu verüben und Geflüchtete zu diskreditieren. An dieser Darstellung hält Franco A. weiter fest.

Franco A. versuchte während des Prozesses bislang, sich als im Grunde harmlosen, rechtschaffenen, politisch interessierten und kritisch denkenden Menschen darzustellen.

Anfang Juni gab A. vor Gericht den illegalen Besitz von drei weiteren Waffen zu, darunter ein Sturmgewehr G3. Gewehre dieses Typs finden sich auch in Beständen der Bundeswehr. Auf Nachfragen des Strafschutzsenats, wann er in den Besitz der Waffen gekommen sei, wurde A. einsilbig und behauptete zunächst, sich nicht erinnern zu können. Erst auf wiederholte Nachfrage hin gestand er, dass er diese schon im Sommer 2016 besessen habe – dem Sommer, in dem er mutmaßlich mögliche Anschlagsziele in Berlin auskundschaftete.

A. behauptete aber, die Waffen hätten – genau wie die bei ihm gefundene, illegal in seinem Besitz befindliche scharfe Munition – nicht für terro­ristische Anschläge verwendet werden sollen, sondern der Vorbereitung auf zwei von ihm befürchtete Krisen gedient: einem eskalierenden Konflikt der westeuropäischen Staaten entweder mit Russland oder mit Islamisten. Aus diesem Grund sei er auch Mitglied der Chatgruppe »Südkreuz« des sogenannten Hannibal-Netzwerks geworden. In diesem trafen sich Soldaten, Polizisten von Spezialeinsatzkommandos, Sicherheitspersonal und andere, um sich über den »Tag X« auszutauschen, also den vermeintlich nahenden Zusammenbruch der staatlichen Ordnung.

Die Mitglieder des Netzwerks planten in diesem Zusammenhang aber auch Gefangennahmen, Standgerichte und Bestellungen von Leichensäcken und Löschkalk für Massengräber. Der drei Waffen, deren Besitz er zuletzt gestanden hatte, habe er sich bereits »entledigt«, so A., über ihren Verbleib wollte er jedoch »nichts sagen«. Auch wie er an die Pistole gelangt war, die er auf einer Toilette im Wiener Flughafen versteckte, wollte er nicht erklären. Immer dann, wenn im Verfahren konkrete Fragen zu den illegal angeeigneten Waffen und der Munition oder zu Widersprüchen in Hinsicht auf seine angenommene Scheinidentität gestellt wurden, hüllte sich der sonst überaus redselige Franco A. in Schweigen. Solche Widersprüche zeigten sich etwa darin, dass A. einerseits seine Solidarität mit Geflüch­teten, derentwegen er die falsche Identität angenommen habe, beteuerte, andererseits aber deren Fluchtgründe in Frage stellte und diese Ausführungen mit rassistischen Klischees anreicherte.

Bei einer polizeilichen Durchsuchung in A.s Wohnung waren Notizzettel gefunden, die im Prozess verlesen wurden. In einem hieß es: »Wenn Frau Haverbeck ins Gefängnis, dann Befreiungsaktion«. Auf eine Nachfrage des Richters Christoph Koller hin äußerte A., er wisse, wer diese Person sei: »Das ist eine alte Frau, die zum Holocaust eine eigene Ansicht hat und öfter mit dem Strafrecht in Kontakt kommt.« Man könne zu historischen Fakten abweichende Meinungen haben; für eine Befreiung der verurteilten Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck aus dem Gefängnis, in dem sie bis November 2020 saß, hätte er jedoch gar nicht die Mittel besessen. Die Notiz »Gruppe Antifa: Granate von Asylant werfen lassen, dann filmen« sei eine Spielfilm­idee gewesen.

Das Gericht hat offenbar erhebliche Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Angeklagten. So mahnte Koller, A. habe offenbar nur geringes Interesse, die Aufklärung der Sachverhalte zu unterstützen. Er habe nicht einmal zugegeben, was laut Aktenlage bereits klar sei: »Das ist Zeitverschwendung.«

Franco A. versuchte während des Prozesses bislang, sich als im Grunde harmlosen, rechtschaffenen, politisch interessierten und kritisch denkenden Menschen darzustellen. Von diesem Bemühen zeugten seine äußere Erscheinung – bisweilen erschien er vor Gericht in einem hellen Sommeranzug –, sein offenherziger Umgang mit Medien, die weitschweifigen Vorträge vor Gericht über Belangloses und seine dort geäußerten Sichtweisen von Politik und ­Gesellschaft. Er inszenierte sich so als missverstandener Aufklärer, etwa über die Asylpolitik in Deutschland. Auch A.s Verteidiger haben bisher ­diese Strategie verfolgt. Sie scheint jedoch nicht mehr aufzugehen.

Die Zuständigen beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) konnte A. dagegen leicht mit seiner erfundenen Identität als syrischer Geflüchteter täuschen, wie eine Tonaufnahme belegt, die A. angefertigt hatte und die im Gericht abgespielt wurde. Ein Zeuge aus dem BAMF sagte aus, dass bei Anhörungen geflüchteter Personen jeweils nachgefragt werde, was die Fluchtgründe seien und woher die Person komme, und die entsprechenden Angaben auf Plausibilität hin geprüft würden. Die Asylentscheidungen werde jedoch einzig aufgrund der ­Aktenlage und durch einen anderen Sachbearbeiter gefällt. Es sei zudem 2016/2017 aufgrund der hohen Zahl der Geflüchteten eher darum gegangen, die Anträge schnell zu bearbeiten, als Zweifel auszuräumen. Diese Situation nutzte Franco A. offenbar bewusst aus.

Am 15. Juli geht der Prozess bis Mitte August in die Sommerpause, weitere Verfahrenstage sind bis in den Oktober hinein angesetzt.