Mohammad Rasoulofs Film »Doch das Böse gibt es nicht« prangert die Henkerjustiz im Iran an

Hoffnung als Kritik

Im iranischen Episodenfilm »Doch das Böse gibt es nicht« wird die Todesstrafe, die das Mullahregime exzessiv verhängt, äußerst offen kritisiert. Regisseur Mohammad Rasoulof bezahlt das mit Gefängnisstrafe und Berufsverbot.

Auch die Covid-19-Pandemie konnte Richter und Henker nicht aufhalten: 246 Menschen wurden im Iran nach Angaben von Amnesty International im vergangenen Jahr hingerichtet, weltweit sind es nur in China mehr gewesen. Während einige Staaten die Vollstreckungen aussetzten, wie jüngst die USA auf Bundesebene, benötigt das Mullahregime angesichts wachsender Unzufriedenheit und offenen Protests im Land die Drohung mit der Todesstrafe mehr denn je. Noch funktioniert der Machterhalt durch Einschüchterung – doch ist inzwischen das Schweigen über die ­Todesstrafe gebrochen. Ende 2020 erreichten Petitionen sogar die Aussetzung dreier geplanter Hinrichtungen.

In seinen Handlungssträngen, Bildern und oft sehr gefühlsbetont gezeichneten Figuren lebt »Doch das Böse gibt es nicht« von einer poetischen Herangehens­weise, die an Märchen oder Fabeln erinnert.

Auch im hochgelobten iranischen Kino war es bislang nicht selbstverständlich, die Todesstrafe zu thematisieren. Oft ohne offizielle Erlaubnis gedreht, werden die Filme auf europäischen Festivals gefeiert, gelten als kritisch und avantgardistisch. Das trifft auch auf »Doch das Böse gibt es nicht« zu, den Berlinale-Gewinner von 2020. Doch der Film von Regisseur Mohammad Rasoulof sticht mit beispielloser Kritik an der iranischen Henkerjustiz heraus. Nach pandemiebedingter Verschiebung ist das Episodendrama nun im Kino zu sehen.

In vier eigenständigen, aber miteinander verknüpften Episoden erzählt der Film von der Todesstrafe im Iran und vom Funktionieren des Menschen im totalitären System des Landes. Davon, wie iranische Ehemänner, Väter und Söhne zum reibungslosen Ablauf der Hinrichtungen beitragen, wie sie zu Henkern und Helfershelfern werden. Und davon, wie manche von ihnen am Widerspruch verzweifeln, ein guter Mensch sein zu wollen, zugleich aber ihre mörderische Pflicht tun zu müssen.

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