Alan Vegas posthumes Album »Mutator«

Reise durch die Genres

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Am 16. Juli 2016 verstarb Alan Bermowitz, besser bekannt als Alan Vega, im Alter von 78 Jahren. Auf Neuveröffentlichungen des stilprägenden und einflussreichen Musikers, Prototyp des Punks und ehemaliger Sänger der Band Suicide, musste man dennoch nicht verzichten. Sein Album »It«, an dem er noch kurz vor seinem Tod gearbeitet hatte, erschien 2017, und auch im Archiv wurde gegraben: mit Erfolg. Das bereits im April erschienene ­Album »Mutator« besteht aus Aufnahmen, die Vega gemeinsam bei ­einer Session mit seiner Frau Liz Lamere aufnahm, und zwar schon in den Jahren 1996 bis 1998.

»It« klingt so, als hätten die Einstürzenden Neubauten eines ihrer frühen Alben noch einmal mit besserem Equipment aufgenommen und trotzdem hingebungsvoll einfach nur eine Menge Krach veranstaltet, der an eine ganze Reihe von Bohrmaschinen erinnert, die außer Kontrolle geraten sind. »Mutator« hingegen unternimmt eine kleine Reise durch die Genres, die Vega interessierten. Sein größtes Vorbild war immer Elvis Presley, und so klingt vieles nach Rockabilly auf diesem Album. Auch seinen Hang zum Sentimentalen, an dem Presley ebenfalls nicht unschuldig sein dürfte, bekommt man zu hören, am eindrücklichsten beim Lied »Samurai«. »Filthy« ist ein drückendes Stück Techno, »Psalm 68« ein esoterisch anmutender wall of sound. Vega verstand es wie wohl sonst nur der ebenfalls kürzlich verstorbene Genesis ­P-Orridge, experimentelle und brutale Musik zu machen, die dabei aber nie redundant klang, sondern eher vom Experiment zehrte, als dieses dauernd ostentativ zur Schau zu stellen.

Für den Song »Nike Soldier« wurde sogar ein Musikvideo gedreht, in dem die Musikerin Kris Esfandiari eine Art Doppelgängerin von Vega spielt und etwas ungelenk versucht, seine Posen zu imitieren, die man in dazwischen hineingeschnittenem Archivmaterial sieht. Mitsingen kann man übrigens auch: Der Songtext wird wie beim Karaoke im Bild eingeblendet.

Alan Vega: Mutator (Saturn Strip Ltd./Sacred Bones)