Ob die Demokratie im krisen­geschüttelten Tunesien Zukunft hat, ist unklar

Warten auf die Roadmap

Vor knapp vier Wochen hat der tunesische Präsident Kaïs Saïed die Regierung entlassen und die Arbeit des Parlaments suspendiert. Ein Ende der politischen Krise in Tunesien ist nicht in Sicht.

Der Freitag voriger Woche war kein Glückstag für viele Tunesierinnen und Tunesier. Dabei fiel er auf ein wichtiges Datum für das Land: Am 13. August, einem gesetzlichen Feiertag, wird alljährlich der Einführung des Code du statut personnel (Personenstandsgesetz) gedacht. Mit dem am 13. August 1956 beschlossenen Gesetz wurde – keine sechs Monate nach der Unabhängigkeit des Landes am 20. März desselben Jahres – eine weitgehende Rechtsgleichheit von Frauen und Männern festgeschrieben. Ausgenommen davon blieb lediglich das Erbrecht, dem zu­folge Frauen nach islamischer Tradition in den meisten Fällen noch immer nur halb so viel erben wie Männer gleicher familiärer Position.

Die islamistische Partei al-Nahda verliert an politischer Macht, weil vor allem sie für das ökonomische und soziale Desaster in Tunesien verantwortlich gemacht wird.

Am diesjährigen Feiertag wurde eine bedeutsame Erklärung des parteilosen, im Oktober 2019 gewählten Staatspräsidenten Kaïs Saïed erwartet – nicht unbedingt, was die Gleichstellung der Frauen und das Familienrecht betrifft, sondern eher zur innenpolitischen Lage nach dem »institutionellen Putsch« (Der institutionelle Putsch) vom 25. Juli. An diesem Tag hatte Saïed die Regierung unter Ministerpräsident Hichem Mechichi entlassen und die Arbeit des Parlaments für 30 Tage suspendiert. Seither konzentriert Saïed de facto die Macht der Exekutive, der Legislative und der Judikative in seinen Händen.

Doch die von vielen für den 13. August erwartete Ernennung eines neuen ­Ministerpräsident blieb aus. Auch bis Redaktionsschluss kam es nicht dazu, obwohl erste Ankündigungen Saïeds bereits für Anfang dieses Monats die Ernennung nahegelegt hatten.

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