Rezension von Dorothee Elmigers Roman »Aus der Zuckerfabrik«

Die Spur des Zuckers

Entlang der Geschichte des Zuckers erzählt Dorothee Elmiger von Plantagenarbeitern in Übersee und von Frauen, die tütenweise Süßes konsumieren.

Der Weg zum Verständnis des Textes ist beschwerlich. Dorothee Elmiger führt ihre Leser über holprige Pfade, an Klippen vorbei, über verlassene Parkplätze und durch das Dickicht. Manchmal lauern auf dem Weg auch Gefahren und es begegnen einem sogar Tiere. Wie ein weißes Phantom steht eine Ziege auf einer Wiese, ­Erinnerung, Zeichen und Fiktion zugleich. In ihr scheinen alle Rätsel zusammenzufallen. Die Autorin versucht, sich »dem Tier zu empfehlen«, eine Sprache für die Ziege zu finden. Sie ist vorsichtig, damit das Tier sie nicht frisst – der Text soll nicht zudringlich werden.

Was aber ist dieser Text? Kann man »Aus der Zuckerfabrik« einen Roman nennen? Ein Lesetagebuch? Im Buch wird ein Gespräch der Autorin mit ihrem Lektor wiedergegeben, in dem sie erklärt, der Begriff »Recherchebericht« sei passend. Martin, der Lektor, meint, dass die Gattungsbezeichnung »Roman« auf den Buchdeckel gehört.

Die Recherche erscheint als Versuch, die Entfremdung von den Dingen zu überwinden und eine Verbindung zur Welt herzustellen. Es geht um die Lust am Erobern, am Reisen und ganz allgemein am Leben.

»Aus der Zuckerfabrik« ist ein fragmentarischer Text, der das literarische Schreiben selbst immer wieder zum Thema macht und alles, was während der Arbeit am Text passiert, miterzählt: die Stimmen der Leute im Flur, die Arbeiter mit orangefarbenen Westen auf dem Dach des Nachbarhauses, das Sammeln und Finden verstreuter Zettel. Dies alles müsse »erzählt werden, weil das ja die Bedingungen sind, unter denen der Text entsteht, also die Verhältnisse, in denen ich schreibe«. An anderer Stelle ist der Text das Ergebnis, wenn man »einfach nicht imstande ist, das zu tun, was man gemeinhin unter ›Erzählen‹ versteht«. Nun denn: Es wird gesampelt.

Noch kein Abonnement?

Um diesen Inhalt zu lesen, wird ein Online-Abo benötigt::