Die radikale Linke in der Schweiz

Starr wie die Schweiz

Die gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse in der Schweiz sind ungünstig für radikale Linke. Deren Politik ist oftmals äußerst fragwürdig.

Radikale Linke, denen es nicht nur darum geht, ihre sogenannten Strukturen zu erhalten, haben es in der Schweiz nicht leicht. Die gesellschaftlichen Verhältnisse sind starr: Es gibt kaum sozi­ale Auseinandersetzungen, Streiks sind äußerst selten. Das liegt nicht daran, dass es keine Klassengegensätze gäbe: Die Einkommen in der Schweiz sind ungleichmäßiger verteilt als in Deutschland, die Vermögensungleichheit ist ähnlich groß.

Doch der Korporatismus ist in der Schweiz stark ausgeprägt, Konfliktvermeidung und Kompromissfindung haben Tradition in Wirtschaft und Politik. Das war nicht immer so. Im Zuge der Industrialisierung gab es viele organisierte Arbeitskämpfe, die Sozialdemokratische Partei der Schweiz (SP) gewann an Einfluss. 1918 nahmen etwa eine Viertelmillion Arbeiter an einem Generalstreik teil, dem sogenannten Landesstreik, und forderten unter anderem die 48-Stunden-Woche, das Frauenwahlrecht und eine Sozialversicherung.

Auf der Website der anarchistischen Bibliothek Fermento heißt es, diese sei ein Ort, »der den Gärungsprozess beschleunigen soll, der zum indivi­duellen und kollektiven Aufstand führen kann«.

Doch in den folgenden Jahren wurden in vielen Branchen immer mehr Tarifverträge und Abkommen geschlossen, die das Streikrecht einschränkten. 1937 unterzeichneten in der Maschinen- und Metallindustrie Unternehmerverband und Gewerkschaften ein sogenanntes Friedensabkommen, dem zufolge Konflikte nicht durch Streiks, sondern durch Verhandlungen gelöst werden sollen. Dieser sogenannte Arbeitsfrieden, der Unternehmen und Gewerkschafter als Partner in einem korporatistischen Verbund statt als Gegner definiert, galt in den folgenden Jahren als Garant für gesellschaftliche und wirtschaftliche Stabilität sowie als wichtige Stütze des Schweizer Wohlstands.

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