Die ­Ermittlungsbehörden ignorieren häufig israel­bezogenen Antisemitismus

Deutscher Alltag

Israelbezogener Antisemitismus wird hierzulande immer noch kleingeredet, ignoriert oder schlichtweg geleugnet.

Antisemiten, die nicht so genannt werden wollen, behaupten oft, hierzulande werde ständig »die Antisemitismuskeule geschwungen«. Und man könne nicht das Menschenrecht auf Israel-Kritik wahrnehmen – beziehungsweise in der Steigerung: man dürfe ja gar nichts mehr sagen –, ohne als Antisemit gebrandmarkt zu werden. Dabei drängt sich vielmehr eine andere Frage auf: Was sollen Antisemiten in diesem Land ­eigentlich noch tun, um von den Ermittlungsbehörden als solche anerkannt zu werden?

Der Mediziner und Coronaleugner Sucharit Bhakdi hatte im April in einem Videointerview, das auf Kanälen der »Querdenken«-Bewegung geteilt wurde, gesagt: »Das ist das Schlimme an den Juden: Sie lernen gut. Es gibt kein Volk, das besser lernt als sie. Aber sie haben das Böse jetzt gelernt – und umgesetzt. Deshalb ist Israel jetzt living hell.« Mehrere Personen, darunter der Antisemitismusbeauftragte der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, Sigmount Königsberg, sowie der Vorsitzende des Vereins »Werteinitiative. Jüdisch-deutsche Positionen«, Elio Adler, erstatteten Anzeige wegen Volksverhetzung gegen Bhakdi, der zur Bundestagswahl im September für die Partei der Coronaleugner, »Die Basis«, antrat. Doch Mitte November stellte die zuständige Staatsanwaltschaft Kiel das Verfahren gegen Bhakdi ein: »Die Äußerungen des Beschuldigten in dem Video richten sich vornehmlich gegen den Staat Israel als solchen, wobei er sich auf die dortige Politik im Zuge der Maßnahmen zur Eindämmung der Covid-19-Pandemie bezieht«, zitierte die ARD aus der Begründung.

»Wir stellen leider fest, dass Jüdinnen und Juden wenig Ver­trauen in die Arbeit der Straf­ver­folgungsbehörden haben.« Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Antisemitismus­beauftragte von Nordrhein-­Westfalen

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