Homestory

Homestory #5

Es ist grade einmal Anfang Februar, und doch macht sich die Redaktion ihrer Lieblingszeitung bereits Gedanken darüber, wohin es ­gehen könnte, im Sommer, wenn wieder die traditionelle Auslandsreise und die dazugehörige Auslandsausgabe anstehen. Dabei ist die Antwort darauf, wohin es gehen soll, so einfach: »Jungle World«, duh, natürlich geht es in den Dschungel! Zugegeben, es gibt da bereits dieses Format im Fernsehen mit dem Titel »Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!«, aber wir sind ja nicht umsonst Journalistinnen und Journalisten und können das so lange framen, bis es eine ganz eigene Show wird: »Ich bin bei den Medien – Holt mich hier raus!«

So eine Dschungelshow hätte natürlich gleich mehrere Vorteile: Erstens wäre es günstig, zumindest die Verpflegung (Reis und Bohnen), zweitens wäre man durch Isolation vor dem Coronavirus geschützt, drittens haben wir im vergangenen Jahr mit unserer Reise in die Schweiz schon so eine Art Adaption der Reality-Sendung »Die Alm« gemacht, und viertens ist es derzeit besonders schick, wenn Zeitungen ihren eigenen Podcast haben – statt einer Ausgabe auf Papier oder nur etwas zum Hören würden Sie, werte Leserinnen und Leser, sogar einen Livestream geboten bekommen, also etwas zum Gucken. Ob wir allerdings Sonja Zietlow und ihren Co-Mode­rator mit den unansehnlichen Hemden als Moderatoren gewinnen können, ist fraglich.

Zu diskutieren gäbe es im südafrikanischen Dschungel (der tatsächlich eher eine Savanne ist, auch wenn dort derzeit, statt wie üblicherweise im australischen Dschungel, die Sendung »Ich bin ein Star – Holt mich hier raus« aufgezeichnet wird) natürlich auch etwas: In dem Land, in dem bis 1990 die sogenannte Rassentrennung herrschte, könnte man sich darüber auslassen, wie der Begriff Apartheid derzeit wieder Konjunktur hat – allerdings, wie Sie wissen, nicht in Hinblick auf Südafrika, sondern auf Israel. Amnesty International behauptet derzeit in einem Bericht, »dass Israel das internationale Unrecht der Apartheid begangen hat«.

Diese Behauptung ist zwar schon eklig genug, doch die Dschungelprüfungen kann das nicht ersetzen. Prüfung 1: Den »Jungle World«-Kühlschrank saubermachen. Prüfung 2: Redigieren von Texten, während Mehlwürmer auf einen herunterregnen. Prüfung 3: Das klas­sische Insektenessen (über das bereits in einer Disko in der Ausgabe 7/2019 der »Jungle World« gestritten wurde). Und die vierte Prüfung würde daraus bestehen, dass sich das Lektorat die Tinte für den Rotstift selbst aus dem Blut von Echsen herstellen muss. Wer noch wegen der Lockdowns am sogenannten Cave-Syndrom leidet, für den gibt es im Dschungel eine gemütlich eingerichtete Höhle. Und wenn alle Stricke reißen, gibt es ehemalige Kollegen, die uns per ­Telefonschalte Tipps geben können, zum Beispiel Deniz Yücel, der hat immerhin ein Jahr im türkischen Knast ausgeharrt.