Eine Kritik an der Städtepartnerschaft zwischen Freiburg und dem iranischen Isfahan

Partnerschaft mit den Mullahs

Die Städtepartnerschaft zwischen Freiburg und Isfahan in der Islamischen Republik Iran wird schon lange kritisiert. Exiliraner fordern eine Ende der Partnerschaft, ein Parteienbündnis im Gemeinderat will sie zumindest aussetzen. Doch der Oberbürgermeister hält an der Kooperation fest.

Als das Simon-Wiesenthal-Center unlängst seine jährliche »Top Ten« mit den aus seiner Sicht schlimmsten antisemitischen Vorkommnissen und Zuständen des vergangenen Jahres veröffentlichte, wurde darin auch die Städtepartnerschaft zwischen Freiburg im Breisgau und Isfahan in der Islamischen Republik Iran erwähnt. Genauer gesagt: Der baden-württembergische Antisemitismusbeauftragte Michael Blume wurde dafür kritisiert, sich nicht für eine Beendigung dieser Partnerschaft einzusetzen – obwohl die Stadtverwaltung von Isfahan »alljährlich auf der Demonstration zum al-Quds-Tag die Aufrufe zur Zerstörung des jüdischen Staats unterstützt«.

Die Partnerschaft zwischen Freiburg und dem etwa 400 Kilometer südlich von Teheran gelegenen Isfahan ist die einzige zwischen einer deutschen und einer iranischen Stadt, sie existiert seit Oktober 2000. Der Website der Stadt Freiburg ist zu entnehmen, dass es nach der Wahl von Mahmud Ahmadinejad zum Präsidenten 2005 vorüber­gehend keinen Besuch politischer Repräsentanten aus Freiburg in Isfahan gegeben habe, »als Ausdruck des Protestes«, wie es heißt. Nach der Amtsübernahme des vermeintlich gemäßigteren Hassan Rohani habe jedoch im Oktober 2014 der damalige Freiburger Oberbürgermeister Dieter Salomon (Bündnis 90/Die Grünen) Isfahan besucht.

»Wollen wir mit Politikern eines Staats Häppchen essen, die Homosexuelle unter Todesstrafe stellen und öffentlich hinrichten?« Maria Mena, Stadträtin in Freiburg

»Wir setzen auf Begegnung statt Ausgrenzung«, sagt dessen Nachfolger Martin Horn (parteilos), der seit 2018 im Amt ist, der Jungle World. Städtepartnerschaften dienten »vor allem dazu, Kontakte und Begegnungen zwischen Menschen zu ermöglichen«. Das sei wichtig und ­wertvoll. »Gerade in Zeiten außenpolitischer Herausforderungen gewinnen kommunale Partnerschaften an Bedeutung«, so Horn. Man wolle »Kultur- und Religionsgrenzen überwinden, Brücken bauen und Menschen zueinander bringen«. Das klappe sehr gut, etwa beim Austausch von Künstlern, Studierenden und Ehrenamtlichen.

Nicht alle teilen diese Haltung. Die Albert-Ludwigs-Universität Freiburg etwa hat ein akademisches Austauschprogramm mit der Universität in Isfahan ausgesetzt, wegen »wachsender politischer Konflikte im Iran« sowie »Konflikten in der bilateralen Bildungskooperation zwischen Iran und Deutschland«, wie ihr Sprecher Bastian Strauch sagt. Die Kooperation der beiden Hochschulen wurde bereits 2019 ausgesetzt, doch erst durch einen Bericht der Jerusalem Post Ende Dezember 2021 erfuhr eine größere Öffentlichkeit davon.

Bereits 2016 habe die Albert-Ludwigs-Universität »die Universität Isfahan ausdrücklich kritisiert und ihre Leitung aufgefordert, sich von antisemitischen Tendenzen zu distanzieren«, so Strauch. In jenem Jahr war die iranische Hochschule der Schauplatz eines Wettbewerbs, bei dem die »beste« Holocaust-Karikatur gesucht wurde. Um die Kooperation der beiden Hochschulen zu reaktivieren, müsse man die Partnerschaft »vorher eingehend prüfen«, sagt Strauch.

Im Freiburger Gemeinderat stellte die Fraktionsbündnis Jupi (»Jung, urban, polarisierend, inklusiv«) im Oktober 2021 den Antrag, die politischen Beziehungen zu Isfahan »einzufrieren«, bis dort freie, demokratische Wahlen stattfinden können. »Das iranische Regime bietet keine Grundlage für offizielle partnerschaftliche Beziehungen, da dort immer wieder grundlegende Menschenrechte verletzt werden«, sagte der Fraktionsvorsitzende Simon Sumbert zur Begründung. Außerdem wolle das Regime den Staat Israel vernichten »und damit auch unsere Partnerstadt Tel Aviv/Yafo«. Die Jupi-Stadträtin Maria Mena fragte: »Können wir in Freiburg den roten Teppich für Repräsentanten ausrollen, die Frauen systematisch unterdrücken und sich selbst weigern, ihnen die Hand zu geben? Wollen wir mit Politikern eines Staats Häppchen essen, die Homosexuelle unter Todesstrafe stellen und öffentlich hinrichten?«

Der Antrag wurde jedoch mehrheitlich abgelehnt, neben den fünf Mitgliedern der Jupi-Fraktion stimmten ihm nur zwei Stadträte der Grünen zu, deren restliche Fraktion mit Nein votierte. Gegen die Ablehnung des Antrags protestierte unter anderem Kazem Moussavi, Sprecher der oppositionellen Green Party of Iran in Deutschland. »Die Teheraner Machthaber nutzen diese Partnerschaft, um ihre islamistische Ideologie und ihren Antisemitismus zu bewerben«, sagt er im Gespräch mit der Jungle World. Zudem weist Moussavi dar­­auf hin, dass die politisch Verantwortlichen in Isfahan direkt das Regime unterstützten. So habe beispielsweise der jetzige Gouverneur von Isfahan, Seyed Reza Mortazavi, die Wahlkampagne des neuen iranischen Präsidenten Ebrahim Raisi geleitet. Mohammad Reza Habibi, Isfahans Gerichtspräsident, stehe wie Mortazavi auf der EU-Sanktionsliste, weil er in Isfahan zu ­einem starken Anstieg der Zahl der Hinrichtungen beigetragen habe.

Bereits im August 2020 hatten sich 18 in Bayern lebende Exiliraner in einem offenen Brief an Oberbürgermeister Horn gewandt. »Wir appellieren inständig an Sie, die Partnerschaft mit Isfahan zumindest auf Eis zu legen, bis sich die politische Lage zugunsten der Bevölkerung verändert«, schrieben sie. Das iranische Regime gewinne »durch eine internationale Partnerschaft wie mit der Stadt Freiburg weiter an Legitimität, die Unterdrückung gegen die ­eigene Bevölkerung auf kommunaler Ebene und sein aggressives Verhalten im Nahen Osten fortzuführen«.

Horn meint jedoch, dass nur eine Minderheit so denke. »Uns erreichen viel mehr Rückmeldungen von Exiliranern, die positiv sind, also die sich über die Städtepartnerschaft freuen und diese bestärken«, sagt er. »Und sie wollen auch nicht, dass man das aufgibt.« Kazem Moussavi schüttelt dar­über den Kopf. Er ist überzeugt, »dass der Oberbürgermeister iranische Flüchtlinge instrumentalisiert, die vor den Mullahs geflohen und selbst Opfer von Menschenrechtsverletzungen sind«. Gemeinsam mit anderen oppo­sitionellen Iranern habe er Horn »auf die Folter und die Hinrichtungen in seiner Partnerstadt Isfahan und das Leid der Angehörigen der zum Tode Verurteilten und Exekutierten aufmerksam gemacht«. Eine Antwort sei der Oberbürgermeister ihnen schuldig geblieben.