Vertreter esoterischer Heilmethoden suchen nach staatlicher Anerkennung

Der Staat schwurbelt mit

Esoterische Heilverfahren bemühen sich um wissenschaftliche und politische Anerkennung, um sich Marktanteile zu sichern. Die verbreitete Akzeptanz pseudomedizinischer Vorstellungen ist nicht zuletzt dem Distinktionsbedürfnis des linksliberalen Bürgertums geschuldet.

Viele Anhänger und Anwender esoterischer Heilverfahren kämpfen mit einer grundlegenden Schwierigkeit: Einerseits lehnen sie wissenschaftsbasierte Medizin mehr oder weniger ab, verunglimpfen sie als sogenannte Schulmedizin und postulieren ein esoterisches, pseudomedizinisches Verständnis menschlicher Pathologie und Physiologie. Andererseits fordern sie Anerkennung durch denselben medizinischen und akademischen Betrieb, um von dessen Autorität zu profitieren.

Die Homöopathie beispielsweise ist eine gegen Ende des 18. Jahrhunderts erfundene Heilslehre, die dem Glauben anhängt, Substanzen wie Wasser, Alkohol oder Zucker könnten durch »Erinnern« die Wirkung von sogenannten Urtinkturen pflanzlichen, tierischen oder mineralischen Ursprungs annehmen. Zwar waren Mikroorganismen wie Bakterien seit dem 17. Jahrhundert bekannt, doch die Einsicht, dass diese als Krankheitser­reger fungieren, hatte sich noch nicht durchgesetzt. Die Methoden der Medizin beschränkten sich meist noch auf mittelalterliche Herangehensweisen wie Aderlass und Brechmittel. Während die Medizin sich weiterentwickelte und nicht nur die zuvor ­eigenen, sondern auch die Annahmen der Homöopathie entkräftete, bildete sich in Opposition dazu eine gläubige homöopathische Gemeinschaft. Auch Anthroposophen wenden bis heute Homöopathie an und haben zusätzlich ihre eigene Medizin entworfen, zu der auch der Glaube an die Kraft der Mistel gehört. Eine Idee, die sich der Begründer der Anthroposophie, Rudolf Steiner, ausdachte, der sich dabei auf keltische und germanische ­Rituale bezog.

Wer mit fragwürdigen Verfahren oder Mitteln Geld verdienen will, kann dabei oft auf die Legitimierung durch anerkannte medizinische Institutionen bauen. Auch die Ärztekammern machen mit.

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