Darauf einen Chardonnay
Selbst eingefleischte Fans der Ramones dürften nicht bestreiten, dass die Songzeile »Hey! Ho! Let’s go!« nicht mehr allzu frisch ist. Die Gründungsparole des Punk ist mittlerweile 46 Jahre alt und ihre Erfinder – Joey, Johnny, Dee Dee und Tommy Ramone – sind alle tot. Punk selbst ist hingegen nicht totzukriegen. Und Nobro schenken dem Zombie-Genre nichts Geringeres als eine würdige Nachfolgeparole für das abgenutzte »Hey! Ho! Let’s go!« Sie prägt sich ein und geht sehr gut über die Lippen: »Eat Slay Chardonnay«. Der gleichnamige Song, auf der neuen EP »Live Your Truth, Shred Some Gnar« der Band aus Montreal zu finden, dauert eine Minute und 37 Sekunden, unterbietet in seiner proklamatorischen Kürze »Blitzkrieg Bop« also um eine Minute.
Nobro sind jedoch alles andere als schlichte Ramones-Epigonen. »Better Each Day« beginnt beispielsweise mit einem Gospel-Intro, um nach einer Minute mit großem Rumms zu einem Song zu werden, der mit einem gehörigen Anteil Glam Rock im Stil der Runaways zu begeistern weiß. »Not Myself« ist ein langsamerer, knarziger Rocksong, bei »Get with U« handelt es sich um schmissigen Bubblegum-Pop, bei »Life Is a Voyage« ist wieder ein deutlicher Glam-Einfluss zu hören. Und auf allen sieben Stücken der EP darf sich neben Gitarristin Karolane Carbonneau, Schlagzeugerin Sarah Dion sowie Bassistin und Sängerin Kathryn McCaughey die Perkussionistin Lisandre Bourdages austoben, was Nobro – wie der Name schon sagt, spielen keine bros in der Band – zur einzigen Punkband machen dürfte, in der Bongotrommeln, Cowbells und Schellenkranz zu den Standardinstrumenten gehören. »Ich wollte in der geilsten Frauenband aller Zeiten spielen«, gibt Sängerin McCaughey auf der Website der Band Auskunft. Selbst wer solche Superlative nicht mag, muss den Bandmitgliedern zugestehen, dass sie sich mit dieser EP in jedem Fall einen Chardonnay der besseren Sorte verdient haben.
Nobro: Live Your Truth, Shred Some Gnar (Dine Alone Records)
