Die Initiative »Deutsche Wohnen & Co. enteignen« kritisiert die geplante Kommission des Berliner Senats

Enteignung auf Kommission

Die Berliner Bürgerinitiative »Deutsche Wohnen & Co. enteignen« war mit ihrem Volksentscheid erfolgreich. Nun setzt der Senat eine Experten­kommission ein, um die Möglichkeit einer Vergesellschaftung von Immobilienunternehmen zu prüfen. Die Initiative sieht die Kommission kritisch.

In sozialen Bewegungen gilt: Wenn ich nicht mehr weiterweiß, gründ’ ich ­einen Arbeitskreis. In der Politik haben Kommissionen eine ähnliche Funktion. Die Befürchtung, das klare Votum beim erfolgreichen Berliner Volksentscheid »Deutsche Wohnen & Co. enteignen« (DW enteignen) könne durch die Überweisung an eine Kommission schließlich übergangen werden, ist daher durchaus begründet. Die Initiative wurde im September bei der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus mit 59,1 Prozent der gültigen Stimmen angenommen. Sie sieht die Vergesellschaftung von Immobilienunternehmen mit mehr als 3 000 Wohnungen in Berlin vor. Im Koalitionsvertrag der rot-rot-grünen Regierungskoalition war deshalb die »Einberufung einer Expertenkommission zur Prüfung der Möglichkeiten, Wege und Voraussetzungen der Umsetzung des Volksentscheids« vorgesehen. Doch insbesondere die SPD – die stärkste Partei der Koalition, der die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey angehört – hatte die Vergesellschaftung stets ab­gelehnt. Auch der neue Senator für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen, An­dreas Geisel, ist von der SPD. Sein Ressort der Senatsverwaltung ist für die Organisation der Expertenkommission zuständig.

Die Enteignungsinitiative hat entschieden, zunächst offenzu­lassen, ob sie überhaupt jemanden in die Expertenkommission entsenden will.

Ende März hat der Berliner Senat die Einsetzung der Kommission beschlossen. Sie soll aus zwölf Expertinnen und Experten bestehen. Hinzu kommt eine Vorsitzende, die ehemalige Justiz­ministerin Herta Däubler-Gmelin von der SPD. Die Koalitionspartner Grüne, SPD und Linkspartei konnten jeweils drei Kommissionsmitglieder vorschlagen, ebenso die Initiative »DW enteignen«. Die Personalvorschläge der Parteien waren im Beschluss des ­Senats bereits aufgelistet, mehrheitlich sind es Juristen mit Professorentiteln. Eine Ausnahme ist Aysel Osmanoğlu. Sie ist Vorstandsmitglied der genossenschaftlichen GLS-Bank, über die in Berlin alternative Hausprojekte finanziert wurden.

Nur »DW enteignen« hat noch keine Personalvorschläge gemacht. Angetreten war die Initiative mit der Forderung, die Kommission dem Wahlergebnis entsprechend des Votums zu besetzen – also 59,1 Prozent der Plätze in der Kommission durch die Initiative. Nun sind es nur drei von 13. Außerdem hatte die Initiative stets darauf beharrt, dass schon lange geklärt sei, ob eine Vergesellschaftung überhaupt juristisch machbar wäre. Die Kommission solle deshalb nur das »wie« und nicht das »ob« der Vergesellschaftung klären. Im Entschluss des Berliner Senats klingt das jedoch anders. Ihm zufolge soll »zunächst die Verfassungskonformität« des Vorhabens geprüft werden.

Die SPD habe außerdem »die Dreistigkeit, Juristen in die Kommission zu entsenden, die klar dagegen sind«, wie eine Sprecherin der Initiative, Gisèle Beckouche, sagte. Sie bezieht sich dabei auf die Professoren Christian Waldhoff (HU-Berlin) und Wolfgang Durner (Uni Bonn), die sich explizit gegen die Vergesellschaftung ausgesprochen hatten. Der dritte von der SPD entsandte Jurist ist der ehemalige Verfassungsrichter Michael Eichenberger, der einst auf Vorschlag der CDU ins Bundesverfassungsgericht berufen worden war.

Die Enteignungsinitiative hat nun entschieden, zunächst offenzulassen, ob sie überhaupt jemanden in die Expertenkommission entsenden will. Die Entscheidung soll auf einem großen Plenum am 12. April fallen. Die Linkspartei ist davon nicht begeistert. Die Landesvorsitzende Katina Schubert sagte der DPA, sie erwarte, dass sich die Initiative beteilige. Ihre Partei habe »alles dafür gegeben«, das überhaupt zu ermöglichen.

Eine mögliche Absage »wäre ein enormer Verlust für die Kommission, denn die Initiative hat sich die letzten Jahre sehr viel Expertise erarbeitet«, sagte Elif Eralp gegenüber der Jungle World. Die Juristin sitzt für »Die Linke« im Abgeordnetenhaus. In der Kommission könnte die Initiative »einen wichtigen Beitrag für ein Vergesellschaftungsgesetz und Vorschläge zur Bewirtschaftung der vergesellschafteten Bestände leisten«, so die Politikerin. Eralp zufolge sei die Kommission eine »his­torische Chance«, da das erste Mal offiziell darüber beraten werde, »wie der ­Artikel 15 des Grundgesetzes angewandt werden kann«, der eine Vergesellschaftung ermöglicht. Aus ihrer Sicht könne die Kommission deshalb »Vorarbeiten für ein Vergesellschaftungsgesetz leisten«.