Small Talk mit Ilias Uyar über den Versuch, in Köln ein Mahnmal zur Erinnerung an den Genozid an den Armeniern zu errichten

»Das Mahnmal ist ein Korrektiv«

Die Initiative »Völkermord erinnern« ist zum zweiten Mal mit dem Versuch gescheitert, in Köln ein Mahnmal zu errichten, das an den Genozid an den Armeniern im Ersten Weltkrieg erinnert, bei dem das Osmanische und das Deutsche Reich eng zusammenarbeiteten. Die »Jungle World« sprach mit Ilias Uyar von der Initiative darüber, warum die Stadt Köln gegen das Mahnmal vorgeht.
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Am Freitag, dem 6. Mai, ließ die Stadt Köln nach vier Tagen das von der Initiative »Völkermord erinnern« errichtete Mahnmal abräumen, das an den Genozid an den Armeniern erinnern soll. Hat Sie das überrascht?

Wir waren noch in einem laufenden Beschwerdeverfahren mit der Stadt. Wir hatten am Donnerstag die negative Entscheidung des Verwaltungsgerichts bekommen. Dagegen haben wir sofort Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Münster eingelegt. Am Freitag hat das Rechtsamt der Stadt Köln unserem Anwalt mitgeteilt, dass wir eine schriftliche Aufforderung bekommen, innerhalb von drei Tagen das Mahnmal abzubauen. Zwei Stunden später kam das Ordnungsamt und räumte es dann im Rahmen des Sofortvollzugs noch am selben Tag ab.

Das Ordnungsamt stellte sich gegen das Rechtsamt?

Uns wurde gesagt, es sei uninteressant, was das Rechtsamt meint. Das Büro der Oberbürgermeisterin wolle das Denkmal schnell weghaben. Wir haben dann im Büro der parteilosen Oberbürgermeis­terin Henriette Reker angerufen und dort wurde bestätigt, dass die Oberbürgermeisterin das Mahnmal schnell abräumen lassen wolle.

Dabei hatten Sie prominente Unterstützer …

Nur einen Tag vor der Räumung hat der grüne Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir das Mahnmal besucht und Blumen niedergelegt. Die Stadt könnte das Denkmal dulden, wie sie auch die Stolpersteine duldet, aber das tut sie nicht.

Köln gilt als linksliberale Stadt, bei der Landtagswahl am Sonntag haben die Grünen alle Erststimmenwahlbezirke gewonnen. Warum tun sich Oberbürgermeisterin Reker und die Stadt so schwer mit diesem Mahnmal?

Wir haben das Mahnmal bereits 2018 das erste Mal aufgebaut und auch damals musste es weg. Die Stadt beugt sich dem Druck von Genozidleugnern, die sich zu einer eigenen Initiative zusammengeschlossen haben. Reker und ihre Verwaltung sind der Ansicht, diese Leute würden »die Türken« in der Stadt re­präsentieren, was Unsinn ist. In unserer Initiative arbeiten viele Menschen mit türkischen Wurzeln mit und auch Organisationen wie der Bund der Alevitischen Jugendlichen und das Kulturforum Türkei-Deutschland sind dabei, neben zahlreichen anderen.

Warum wäre Köln der richtige Standort für das Mahnmal?

Köln ist eine Partnerstadt von Istanbul, dort nahm 1915 der Genozid an den Armeniern seinen Anfang. Das Mahnmal bauen wir bewusst immer wieder an der Hohenzollernbrücke in der Nähe des Denkmals von Kaiser Wilhelm II. auf. Es ist ein Korrektiv, denn an dieser Stelle wird seit über 100 Jahren widerspruchsfrei an den Kaiser erinnert, der 1904 den Völkermord an den Herero und Nama befohlen hat und dessen Offiziere das Osmanische Reich beim Genozid an den Armeniern unterstützt haben.