Das Abtreibungsverbot in El Salvador bestraft Frauen mit Schwangerschaftskomplikationen wie »Jacqueline«

Bei Notfall Knast

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Ängste, Unwohlsein und weitere Beschwerden gehören schon bei einer »unauffällig« verlaufenden Schwangerschaft zum Standardprogramm – egal ob diese gewollt oder ungewollt war. Kommt es zu Komplikationen, nimmt die Intensität der Beschwerden zu und es besteht Lebensgefahr für Schwangere und Kind(er) . Der reinste Horror ist esschließlich, was Frauen wie »Jacqueline«, wie sie genannt wird, in El Salvador passiert: 2011 kam die damals 23jährige Schwangere wegen eines geburtshilflichen Notfalls ins Krankenhaus. Sie und ihr Baby überlebten, doch Jacqueline, die bereits Mutter eines weiteren Kindes war, wurde wegen des Verdachts, einen Abtreibungsversuch vorgenommen zu haben, verhaftet, von ihren Kindern getrennt und schließlich zu 15 Jahren Haft wegen versuchten Mordes verurteilt.

Seit 1998 ist in El Salvador ein strenges Abtreibungsverbot in Kraft. 1999 wurde gar die Verfassung dahingehend geändert, dass das menschliche Leben mit dem Zeitpunkt der Empfängnis beginnt, jeder Eingriff danach also als Kapitalverbrechen bewertet wird. Seit 1998 sollen mindestens 182 Frauen, die als Schwangere wegen schwerwiegender Komplikationen medizinische Hilfe aufsuchten, wegen Verstoßes gegen das Abtreibungsverbot strafrechtlich verfolgt worden sein. Oft war es das medizinische Personal selbst, das die Schwangeren anzeigte. Betroffen sind vor allem arme, junge Frauen aus ländlichen Gebieten mit eingeschränktem Zugang zur Gesundheitsversorgung.

Am Mittwoch vergangener Woche ist zumindest Jacqueline vorzeitig aus der Haft entlassen worden. Am 9. Mai wurde jedoch zum ersten Mal seit sieben Jahren eine weitere Frau, genannt »Esme«, zu 30 Jahren Haft wegen einer als Mord gewerteten angeblichen Abtreibung verurteilt. Die Regierung von Präsident Nayib Bukele hatte eigentlich versprochen, die systematische Verfolgung von Frauen, die während ihrer Schwangerschaft gesundheitliche Notfälle erleiden, zu beenden. Vielleicht ist die Regierung derzeit aber zu sehr mit den Maras genannten Jugendbanden beschäftigt. Anfang vergangener Woche enthüllte die Internetzeitung El Faro, dass die über 80 Mara-Morde am letzten Märzwochenende, die zur Verhängung des Ausnahmezustands geführt hatten, ein Racheakt gewesen seien, weil die Regierung ihr Abkommen mit den Maras gebrochen habe. Dass ein solches besteht, hatte die Regierung stets geleugnet. Dank des Abtreibungsverbots werden die Maras kaum Nachwuchsprobleme haben, wenn genug Kinder zwangsweise in elenden und instabilen Verhältnissen aufwachsen müssen.