Die Zweifel am Erfolg des Neun-­Euro-Tickets wachsen

Fast für umme

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Vielleicht ist die Freude über die riesige ­Resonanz auf das Neun-Euro-Ticket gar nicht so angebracht, wie jetzt alle tun. Denn bei vielen Nutzern geht es weniger um plötzlich erwachtes Umweltbewusstsein, sondern darum, etwas für umme oder jedenfalls fast für umme zu bekommen, für das man normalerweise teuer bezahlen müsste. Ausgenommen natürlich diejenigen, die sich sonst einfach keine Bahnfahrt leisten können und die nun auch endlich Chance haben, etwas von der Welt beziehungsweise von Doofland zu sehen, ein Spaß, der allerdings sicherlich dadurch getrübt wird, dass leider, leider kein Geld mehr dafür da ist, armen Menschen einen ordentlichen Inflationsausgleich zu zahlen. Alles ausgegeben, um die Beschäftigten der großen Medienhäuser, Bloggerinnen und Influencer für neun Euro von A nach B zu karren, damit sie Erlebnisberichte über das Bahnfahren und den Pöbel schreiben, filmen und erzählen können. Und natürlich für die, die jetzt hübsch günstig in ihre Kanzleien, Ferienhäuser, Berliner Zweitwohnungen und so weiter und so fort kommen, was ein Glück, kann man sich vom vielen gesparten Geld wohl doch noch mal im Herbst zwei Wochen Madeira leisten, oder vielleicht noch weiter weg fliegen, hat man sich ja auch verdient. Jedenfalls, Schnäppchen. Und sich mal eine Minute lang vorzustellen, wie das wohl wäre, wenn es statt Neun-Euro-Tickets etwas ganz anderes geben würde. Nämlich Mietwagen, für pauschal 19 Euro im Monat, all inclusive, Versicherung, Sprit, alles, nur auf der Autobahn darf damit nicht gefahren werden, aber auf Landstraßen schon, und deutschlandweit natürlich. Klar würde es Leute geben, die dabei nicht mitmachen, weil Umwelt und Klimakrise, aber machen wir uns mal nix vor, es wären nicht viele. Der Rest würde fröhlich auf Nebenstraßen herumstauen und betonen, wie großartig das vor allem für die armen Menschen ist und gleichzeitig ausrechnen, wie viel sie selber sparen und hach wie schön, Madeira, im Herbst.