Small Talk mit Benjamin Güldenring von Reporter ohne Grenzen über das neu eingerichtete Digital Security Lab

»Reporter ohne Wanzen«

Viele Staaten versuchen, die Computer und Smartphones von Journalisten mit Hilfe von Spionagesoftware wie »Pegasus« zu überwachen. »Reporter ohne Grenzen« hat nun eine Anlaufstelle in Berlin geschaffen, an die Journalisten sich wenden können, um ihre ­Geräte auf Spuren solcher Angriffe zu untersuchen. Die »Jungle World« sprach mit Benjamin Güldenring, dem Leiter des neu eingerichteten Digital Security Lab.
Small Talk Von

Warum habt ihr das Digital Security Lab ge­gründet?

Wir haben in den vergangenen Jahren bei Reporter ohne Grenzen einfach immer wieder Anfragen von Journalisten bekommen, die den dringenden Verdacht hatten, dass ihre Geräte oder Accounts gehackt wurden. Ich habe eine ganze Sammlung solcher Fälle, mit denen ich immer mal wieder konfrontiert war. Die Journalisten kamen von sich aus zu uns, obwohl wir nie bekanntgegeben hatten, dass wir ihnen ­potentiell helfen können. Parallel haben wir beobachtet, was Organisationen wie das Citizen Lab von der Universität in Toronto und das Security Lab von Amnesty Tech machen, wo die Fälle sich auch häuften. Staatliche Angreifer nutzen Überwachungstechnologien immer mehr.

Was genau passiert bei euch im Security Lab?

Wir untersuchen digitale Angriffe auf Journalistinnen. Das klingt jetzt sehr allgemein, weil es auch ein breites Feld ist. Konkret heißt das: Wir prüfen Endgeräte darauf, ob es Anzeichen gibt, dass Spionage-Software auf ihnen enthalten ist.

Wie streng seid ihr, wer als Journalist gilt? Kann man auch als Aktivist zu euch kommen?

Das ist tatsächlich immer wieder eine schwierige Frage, wo man die Grenze zieht. Wir haben als Reporter ohne Grenzen den Auftrag, uns für Pressefreiheit einzusetzen. Das heißt, wenn eine Person, die sich an uns wendet, eine rein aktivistische Arbeit macht, dann läge es nicht in unserem Mandat, hier zu helfen. Aber das ist eine Einzelfallentscheidung. Oft lassen sich Aktivismus und Journalismus ja auch kaum trennen.

Wie muss ich mir das vorstellen? Ich setze mich dann mit meinem Telefon oder Laptop ins Auto oder in die Bahn und komme zu euch nach Berlin ins Büro?

Im einfachsten Fall für uns: ja. Im schlechtesten Fall haben wir auch keine andere Möglichkeit, an die Daten auf den Geräten zu kommen. Oft haben wir aber auch Möglichkeiten, die Daten, die wir für unsere Analyse brauchen, von den Geräten über das Internet an uns hochzuladen. Aber manchmal spricht zum Beispiel auch die Bedrohungslage der Person dagegen, Daten übers Internet auszutauschen. Wie wir genau vorgehen, kommt immer auf den jeweiligen Fall an.

Ihr hattet bereits seit 2019 einen Digital Helpdesk eingerichtet. Gibt es den weiterhin und was ist der Unterschied zum Digital Security Lab?

Den Digital Helpdesk gibt es weiterhin. Der verfolgt das Ziel, Informationen zum Thema digitale Sicherheit in Form von Trainingsmöglichkeiten im Internet zur Verfügung zu stellen. Der hat also eher eine ­beratende und präventive Funktion und ist nicht für akute Notfälle gedacht.