Der Wagenknecht-Flügel der Linkspartei umgarnt die Kleinstpartei DKP

Abbruchunternehmen

Auf dem Pressefest der DKP-Zeitung »Unsere Zeit« in Berlin kokettierten Funktionäre des Wagenknecht-Flügels der Linkspartei mit einer Spaltung ihrer Partei.
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Wer das Pressefest der DKP-Zeitung Unsere Zeit (UZ) nicht kennt, der hat durchaus etwas verpasst. Es gibt wohl kaum ein jährliches Event der deutschen Linken, auf dem vermeintliche Gewissheiten aus vergangenen Jahrzehnten so selbstbewusst und unhinterfragt vertreten werden wie dort. Kuba gilt weiterhin als leuchtendes Beispiel für den Sozialismus und ehemalige SED-Funktionäre schwelgen auch knapp 33 Jahre nach dem Zusammenbruch der DDR noch in seligen Erinnerungen an »das bessere Deutschland«. Am Wochenende hatte man wieder Gelegenheit, in diese Parallelwelt einzutauchen: Das UZ-Pressefest fand auf dem Berliner Rosa-Luxemburg-Platz statt, dort, wo sich auch das Karl-Liebknecht-Haus befindet, in  dem die Zentrale der Partei »Die Linke« ihren Sitz hat.

Selbstverständlich beschäftigt man sich bei der DKP auch mit den Themen unserer Zeit. Doch was zum Krieg in der Ukraine gesagt wird, ist erwartbar: Russland sei von der Nato unter Führung der USA in den Krieg getrieben worden. Die russischen Sicherheitsinteressen würden ignoriert. Zudem gab es unter dem Schlagwort »antifaschistische Solidarität« Veranstaltungen zugunsten der russischen Marionettenregime in den sogenannten Volksrepubliken Donezk und Luhansk.

Nun könnte man all das relativ entspannt ignorieren. Die DKP erhielt bei der Bundestagswahl im September vergangenen Jahres nicht einmal 15 000 Zweitstimmen. Für einige Funktionäre der Partei »Die Linke« war das Pressefest aber trotzdem wichtig. Die Taz berichtete von einer Veranstaltung mit dem Titel »Über die Perspektiven der Linkskräfte in Zeiten von Krieg und Krise«, an der meh­rere ehemalige und derzeitige Bundestagsabgeordnete der Linkspartei wie Dieter Dehm und Sevim Dağdelen teilnahmen. Dehm sprach demnach davon, dass es eine Kraft brauche, die dem »Abbruchunternehmen da drüben im Karl-Liebknecht-Haus eine Al­ternative entgegensetzt«. Für die Europawahl 2024 solle ein »breites Bündnis« unter Einschluss der DKP angestrebt werden. Dağdelen und Wolfgang Gehrcke, ein langjähriges Vorstandsmitglied der Linkspartei, bekräftigten Dehms Äußerungen. Dağdelen nannte die Sanktionen gegen Russland »völkerrechtswidrig«, Gehrcke forderte Mandatsträger der Linkspartei auf, die Fraktionsdisziplin zu ignorieren, wenn die Partei »weiter auf einen Pro-Nato-Kurs und Pro-Kriegskurs einschwenkt«.

Die Spaltungsankündigungen von Dehm, Dağdelen und anderen Angehörigen des Flügels um Sahra Wagenknecht sollte die Linkspartei freudig zur Kenntnis nehmen. Bislang wirkt die Partei zerstritten, wenn es um den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine geht. Die Parteiführung sollte den Unterstützern Wladimir Putins und des russischen Regimes viel Spaß wünschen und sie verabschieden. Sollen sie doch in einem gemeinsamen Projekt mit der Kleinstpartei DKP glücklich werden.

Die Linkspartei hat wahrlich wichtigere Aufgaben, als solche Leute in den eigenen Reihen zu halten. Der Herbst wird mit rapide steigenden Energiekosten und hoher Inflation herausfordernd genug. Linke sollten sich von Positionen verabschieden, die nur noch Nostalgiker nachvollziehen können, und nach sozialen sowie ökologischen Antworten auf die Krise suchen. Gelingt das nicht, steht zu befürchten, dass die »Querdenken«-Bewegung versuchen wird, künftige Proteste anzuführen. Die DKP dürfte dann mindestens ebenso ratlos am Rand stehen wie die Linkspartei.