Zu Gast bei Anarchisten in Riga

Der analoge Mann

Aus Kreuzberg und der Welt: Not so many.
Kolumne Von

Bevor wir auf einer Auslandsreise der Jungle World 2008 auf Mallorca das lokale Büro der anarchosyndikalistischen Gewerkschafter und Gewerkschafterinnen besuchten, hatte ein Redakteur vorsichtig mahnend gesagt: »Stellt euch mal nicht vor, dass wir jetzt die üblichen Dreadlock-­Typen treffen. Spanien hat eine lange anarchosyndikalistische Tradition. Das werden vermutlich ältere Menschen sein, die ganz gewöhnlich aussehen.« Kurz stellten wir uns vor, wir würden stolzen Proletarierinnen begegnen, altgedienten, weißhaarigen Greisen, die vom spanischen Barrikadenkampf erzählen, aber natürlich waren die Gewerkschafter dann doch punkige, junge Leute mit Tattoos, und eine Frau hatte Dreadlocks.

Auch in Riga sagt jemand: »Wer hat Lust, heute die Anarchos zu besuchen?« Ich schließe mich gleich an – was soll ich auch sonst tun, wenn ich nicht allein in unserem Apartment bleiben will. Anderen geht es genauso. Außerdem sind wir neugierig. Wie sehen lettische Anarchisten aus?

Das anarchistische Zentrum be­findet sich in einem rumpeligen Holzhaus. Am Eingang begrüßt uns ­Arthur. 53 Jahre alt, blond, langhaarig, langbärtig. Arthur ist kein trainierter Modellanarchist. Eher ein moderner Erich Mühsam mit Kermit-T-Shirt. Er heißt uns herzlich willkommen und geht dann zum Supermarkt, Bier holen. Während wir warten, trudelt die komplette Reisegruppe der Jungle World ein.

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