Interview mit dem ukrainischen Kurator Vasyl Cherepanyn über den russischen Krieg und die Auswirkungen auf und Reaktionen von der Kunstwelt

»Dieser sogenannte Pazifismus ist eine kleinbürgerliche Ideologie«

Was der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine für ansässige Kunst- und Kulturinstitutionen bedeutet, wird selten thematisiert. Der ukrainische Kurator Vasyl Cherepanyn arbeitet in mehreren Initiativen, die bedrohte Bestände evakuieren oder Künstler mit Notunterkünften versorgen. Er kritisiert im Gespräch mit der »Jungle World« das Schweigen der westlichen Kulturinstitutionen sowie das »Westsplaining« der Linken.
Interview Von

Woran arbeiten Sie im Moment?

Ich bin in diesen Monaten an der internationalen Kultur- und Informationsfront tätig und habe versucht, meine Kollegen – Menschen aus dem Kulturbereich in der EU und anderswo – zu aktivieren. Unser Visual Culture Research Center, Organisator der Kyiv Biennial und Gründungsmitglied der East Europe Biennial Alliance, hat zusammen mit Kollegen aus Warschau, Budapest, Prag und Riga eine Reihe internationaler Diskussionen und Veranstaltungen zur russischen Invasion in der Ukraine ins Leben gerufen. Zum Beispiel ein Sonderprogramm im Rahmen der zweiten Ausgabe der Biennale Warszawa mit dem Titel »Armed Democracy«. Hier vor Ort haben wir von der Seite der Kyiv Biennial in den ersten Tagen dieses allumfassenden Kriegs die Emergency Support Initiative ins Leben gerufen. Sie bietet Künstlerinnen und Künstlern, Kuratorinnen und Kuratoren und anderen Bedürftigen persönliche Unterstützung. Diese Initiative ist stark gewachsen, und mittlerweile arbeiten wir mehr mit institutionellen Partnern.

Was sind die Hauptaktivitäten der Emergency Support Initiative?

Wir unterstützen Initiativen, die zur Evakuierung von Museumssammlungen und Kunstwerken beitragen, insbesondere aus den stark bombardierten Regionen im Osten und Süden des Landes. Wir arbeiten auch mit denen zusammen, die an der Schnittstelle von Journalismus und Kunstaktivismus russische Kriegsverbrechen in der Ukraine dokumentieren und verschiedene visuelle ­Beweise aus öffentlichen und privaten Quellen zusammentragen.

»In den meisten Ländern Westeuropas, insbesondere in Deutschland, wurde die Idee des Antifaschismus zu einer subkulturellen Sache – eher zu einer Mode als zu einer realen politischen Praxis.«

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