Mehrere Krisen durchkreuzen das bisherige Erfolgsrezept der deutschen Wirtschaft

Die multiple Krise

Hohe Energiepreise und weltpolitische Turbulenzen drohen, die bisherige Erfolgsstrategie des Wirtschaftsstandorts Deutschland zu durchkreuzen. Dennoch strebt Deutschland nach einer weltpolitischen Füh­­rungs­rolle, um in den machtpolitischen Konkurrenzkämpfen zu bestehen.

Wann hat es das schon mal gegeben: Deutschland ist der jüngsten Prognose des Internationalen Währungsfonds (IWF) zufolge mit nur 1,5 Prozent erwartetem Wachstum in diesem Jahr das Schlusslicht unter den großen Indus­trienationen – wenn man von Russland absieht, dessen Bruttosozialprodukt um 3,4 Prozent schrumpfen soll. Für das kommende Jahr sagt der IWF sogar einen Rückgang der deutschen Wirtschaftsleistung um 0,3 Prozent voraus. Damit das droht, musste der Kapitalismus schon alle Krisen auffahren, die er im Portefeuille hat: Stagnation in den Zentren, pandemiebedingte Lockdowns, zerrüttete Lieferketten, Inflation, Fachkräftemangel, Krieg, Sanktionen, Klimaschäden, Erdgasboykott und die astro­nomischen Energiepreise, die kein Übergangsphänomen, sondern Teil der »geopolitischen Neuausrichtung« seien, wie der IWF warnt. Das in weiten Teilen wohlstandsverwöhnte Deutschland schlittert in eine Dauerkrise und wird nicht mehr im selben Maß zu den Globalisierungsgewinnern zählen wie bisher.

Dass Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) Deutschland just in diesem Moment zur militärischen »Führungsmacht« küren will, klingt ambitioniert für einen ökonomischen Absteiger, ist aber verständlich. Denn die Geschichte der Nationalstaaten regrediert nach der neoliberalen Epoche, in welcher Handel und Investitionen weltweit expandierten, und der gerade zu Ende gehenden Epoche der Renationalisierung mit ihren Sanktionen, Handelskriegen und protektionistischen Mitteln nun zu der Epoche der Schlachten um Hegemonie und Einfluss­sphären. Bei dieser Neuordnung soll Deutschland als vollwertiger, also kriegsfähiger, Imperialist mitmachen können.

Die Geschichte der Nationalstaaten regrediert nun zu der Epoche der Schlachten um Hegemonie und Einflusssphären.

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