In der queeren Szene grassieren Vorurteile gegen Homosexuelle

Queere Homophobie

Im queeren Milieu gelten Homosexuelle schon länger als spießig und reaktionär. In den vergangenen Jahren hat sich das Ressentiment so weit verfestigt, dass manche nicht mal mehr davor zurückschrecken, Homophobie kleinzureden oder sich selbst abschätzig über Homo­sexuelle zu äußern – wie zum Beispiel der kürzlich mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnete Kim de l’Horizon.

Wer hat’s gesagt? »Hoffen wir, dass das reichen wird, um die französische ›intellektuelle‹ Landschaft, was ihr Denken der Sexualitäten und Geschlechter anbetrifft, zu erschüttern und uns davon zu befreien, der französischen Homo-Akademie Pflichtbesuche abzustatten, bei denen die zwei großen Mumien der Homosexualität und der Hochkultur beweihräuchert werden müssen, André Gide und Marcel Proust.« Diese ihre ­Abscheu gegenüber Homosexuellen kaum kaschierenden Zeilen sind im Nachwort eines Buchs nachzulesen, dass in Deutschland 2003 zum ersten Mal erschien und dem es um eine Theorie ging, »die sich außerhalb der Opposition maskulin/feminin, Männchen/Weibchen, heterosexuell/homosexuell stellt«.

Die Rede ist von Beatriz, jetzt Paul B. Preciados »Kontrasexuellem ­Manifest«. Das Nachwort, dass die Bestrebungen von Preciado in den höchsten Tönen als Erschütterung des Denkens und schlussendlich als Ende der »Pflichtbesuche« in der »Homo-Akademie« lobt und damit nicht nur die Verschwörungstheorie einer schwulen Elite kolportiert, sondern auch nur kurz nach dem Abflauen der Aids-Epidemie in despektierlicher Weise von »Mumien der Homosexualität« spricht, wurde von Marie-Hélène, jetzt Sam Bourcier, geschrieben. Das vor 20 Jahren gefeierte, dann irgendwie als kurios abgetane Buch ist im Nachhinein ein voller Erfolg gewesen: Die Opposi­tion heterosexuell/homosexuell hat nämlich tatsächlich ihre Kratzer ­bekommen – und zwar zum Nachteil der Homosexuellen.

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