Ein neuer Audioguide in Berlin beschönigt die Geschichte der Prostitution

Die rosarote Brille

Aus der Zusammenarbeit von Mitgliedern der Sektion Sexarbeit der FAU Berlin, dem Schwulen Museum und der Berlinhistory-App ist ein kostenloser Audiospaziergang entstanden. Die Audioführung soll die Geschichte der Sexarbeit rund um die Kurfürstenstraße erzählen. Doch die Darstellung ist affirmativ und einseitig positiv.
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Die App Berlinhistory will historische Orte in Berlin erlebbar machen. Anfang Dezember wurde das Repertoire um einen weiteren digitalen Stadtrundgang erweitert: »Wir waren schon immer überall. Sexarbeit im Bülow­bogen. Ein Audiowalk zur Geschichte Schönebergs«. Dieser Rundgang, ku­ratiert von vier Berliner Sex­ar­bei­ter:in­nen, soll die Geschichte der Sexarbeit in Schöneberg an zwölf historischen Stationen beleuchten: vom Ende des 19.Jahrhunderts über die Weimarer Republik, den Nationalsozialismus und die Aids-Krise bis in die heutige Zeit der Covid-19-Pandemie. Zusätzlich äußern sich zehn Sexarbeiter:innen in Interviews zwischen den einzelnen Stationen zu Themen aus ihrem Alltag, zum Beispiel zu den Vor- und Nachteilen von Stundenhotels und der behördlichen Registrierung (»Hurenpass«).

Auffällig ist dabei, wie wenig Aufmerksamkeit den negativen Seiten der Prostitution gewidmet wird, die gerade im Armutsstrich in Berlin-Schöneberg kaum übersehen werden können. So zum Beispiel bei Gewalt und Rassismus. Zwar wird angesprochen, dass es Gewalt gibt, von wem diese ausgeht, bleibt indes unerwähnt. Kritisiert wird lediglich die Untätigkeit der Polizei in solchen Fällen. Einer 2004 veröffentlichten repräsentativen Untersuchung zu Gewalt gegen Frauen des Bundesministeriums für Familie zufolge erleben 27 Prozent der Prostituierten im Kontext ihrer Tätigkeit sexuelle Gewalt, 35 Prozent körperliche. Die größte Tätergruppe sind Freier, dicht gefolgt von Zuhältern. Ein Thema des Rundgangs ist dies aber nicht. Das Wort »Rassismus« kommt gleichfalls nicht vor. Eine schwarze Sexarbeiterin berichtet lediglich von colourism: »Du musst andere Preise verlangen (…) je dunkler du bist.«

Zwar wird angesprochen, dass es Gewalt gibt, von wem diese ausgeht, bleibt indes unerwähnt.

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