Im Ausnahmezustand
Vor allem in ländlichen Gebieten im Süden Perus und in der Hauptstadt Lima gibt es seit Anfang Dezember Zusammenstöße zwischen Demonstrierenden und der Polizei. Erstere blockieren Fernstraßen und legen Flughäfen lahm, es gibt Dutzende Schwerverletzte auf beiden Seiten, mindestens 20 Menschen verloren ihr Leben. In Teilen Perus wurde der Flug- und Zugverkehr eingestellt.
Die Proteste entzündeten sich an der Absetzung von Präsident Pedro Castillo, der seiner drohenden Amtsenthebung durch Auflösung des Parlaments zuvorkommen wollte und eine Notstandsregierung einzusetzen plante. Die Demonstranten fordern den Rücktritt der neuen Präsidentin Dina Boluarte, der bisherigen Vizepräsidentin sowie Ministerin für Entwicklung und soziale Inklusion, die Auflösung des Parlaments sowie baldige Neuwahlen. Sie verlangten zudem Castillos Freilassung aus der Untersuchungshaft und drohten einen landesweiten Streik an. Angesichts der anhaltenden und gewaltsamen Proteste hat Boluarte zunächst vorgezogene Präsidentschafts- und Parlamentswahlen im April statt zum regulären Termin 2026 angekündigt, später hat sie Dezember 2023 als möglichen neuen Termin ins Spiel gebracht. »Wir hören die legitimen Forderungen von Millionen von Peruanern«, sagte die seit 7. Dezember amtierende Übergangspräsidentin im Parlament.
»Que se vayan todos« (Alle sollen gehen) lautet die zentrale Forderung der Proteste.
Der neue Innenminister César Cervantes hat am 14. Dezember einen vierwöchigen Ausnahmezustand über das ganze Land und in 15 Provinzen eine nächtliche Ausgangssperre für fünf Tage verhängt. Das Polizeiaufgebot in den Städten wurde erhöht, auch die Armee ist im Einsatz. Mitte des Monats schrieb Boluarte bei Twitter: »Kein peruanisches Leben verdient es, für politische Interessen geopfert zu werden.« Zuletzt plante sie ein Kabinettsumbildung, um der »sozialen Unzufriedenheit zu begegnen« und »Brücken des Dialogs zu bauen«.
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