Public Private Partnerships sind teuer und ineffizient – aber profitabel für die Firmen

Missglückte Partnerschaften

Trotz durchgehend schlechter Erfahrungen hält die Politik an öffentlich-privaten Partnerschaften fest. Dabei sind diese weder schneller noch billiger als der Staat.

Man nennt sie entweder deutsch »öffentlich-private Partnerschaften« (ÖPP) oder englisch »public-private partnerships« (PPP). Gemeint ist dasselbe, nämlich Zweckgesellschaften, an denen Staat und private Unternehmen gemeinsam beteiligt sind. Im Rahmen einer ÖPP lässt der Staat einen Autobahnabschnitt, eine Schule oder ein anderes öffentliches Objekt von einem Privatunternehmen bauen, sanieren oder modernisieren. Danach darf das Unternehmen es lange Zeit betreiben oder an den Staat vermieten, üblicherweise 25 bis 30 Jahre. In dieser Zeit kassiert der private Betreiber alle Ein­nahmen.

Neben dem Bundesverkehrsministerium sind es vor allem klamme Kommunen, die ÖPP eingehen. Früher galt einmal das Prinzip, dass der Staat ­seine Infrastruktur komplett aus eigener Tasche finanziert und größtenteils kostenlos zur Verfügung stellt. Mit den entsprechenden Straßen, Schulen und Krankenhäusern ermöglicht er unter anderem die Wertschöpfung privaten Kapitals und holt sich das zuvor aus­gegebene Geld durch Steuern und Gebühren wieder zurück. Seit den acht­ziger Jahren läuft dieses Arrangement jedoch nicht mehr reibungslos. Der Staat senkte im Laufe der letzten vier Jahrzehnte erheblich die Steuern und Abgaben, um die Unternehmen zu entlasten.

Das Image von öffentlich-privaten Partnerschaften ist mittlerweile so schlecht, dass sie nicht mehr offen, sondern eher verdeckt und heimlich betrieben werden.

Das führte aber zu einer wachsenden Staatsverschuldung und zu mangelnden Investitionen in die Infrastruktur. Die wird seitdem auf Verschleiß gefahren, die Folge sind marode Brücken, kaputte Straßen, baufällige Schulgebäude und so weiter. Um diese wieder instand zu setzen, sollten pri­vate Investitionen akquiriert werden. So entstanden Ende der achtziger Jahre die ersten ÖPP. Im Laufe der Zeit wurden es immer mehr.

In Deutschland erhielten die ÖPP in der Zeit der sogenannten Agenda 2010 einen weiteren Schub. 2005 verabschiedete die rot-grüne Bundesregierung unter Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) das ÖPP-Beschleunigungsgesetz. Seither muss der Staat bei Infrastrukturprojekten immer die Alternative einer ÖPP-Finanzierung prüfen.

2016 strebte der damalige Bundes­finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sogar eine weitgehende Privatisierung der Autobahnen an. So kam es zwar nicht, doch wurde 2017 eine zentrale Verkehrsinfrastrukturgesellschaft etabliert, die Aufträge für den Bau von Autobahnen und Fernstraßen an private Unternehmen vergeben kann. 2021 wurde diese Gesellschaft in »Autobahn GmbH des Bundes« umbenannt. Sie darf selbst keine Schulden aufnehmen, kann aber stattdessen ÖPP eingehen, zumindest für Streckenabschnitte unter 100 Kilometer.

Auf diese Weise werden bis heute Autobahnen gebaut. Dabei waren die vorangegangenen Erfahrungen mit ÖPP-Autobahnprojekten fast durchgehend schlecht. Immer wieder kam es zu Kostensteigerungen, Verzögerungen und eklatanten Qualitätsmängeln. 2019 musste das Bundesverkehrsministerium auf Anfrage der Fraktion der Linkspartei einräumen, dass zwölf von 15 ÖPP-Autobahnprojekten den veranschlagten Ausgabenrahmen überschritten hatten.

Schlechte Erfahrungen gab es auch in anderen Bereichen. In Berlin wurde die Wasserversorgung 1999 im Rahmen einer ÖPP privatisiert. Daraufhin verteuerte sich das Wasser der Hauptstadt um ein Drittel, gleichzeitig wurden 2 000 Arbeitsplätze abgebaut. Viele Städte ließen Schulgebäude im Rahmen von ÖPP renovieren; anschließend müssen sie die Schulen so lange vom privaten Partner mieten, bis die Kosten samt Zinsen erstattet sind. Berlin ließ gleichzeitig mit ÖPP-finanzierten auch rein öffentlich finanzierte Schulen renovieren. Im direkten Vergleich stellte sich heraus, dass die Einbindung privater Firmen die Kosten mehr als verdoppelte. Ähnliche Erfahrungen gibt es mit Schwimmbädern, Stadtbibliotheken oder städtebaulichen Großprojekten. Dass die Kosten aus dem Ruder laufen, ist dabei die Regel.

ÖPP machen selbst vor Gefängnissen nicht halt. In vielen Bundesländern werden Haftanstalten von privaten Partnern betrieben, beispielsweise in Sachsen-Anhalt die Justizvollzugsanstalt (JVA) Burg, in Baden-Württemberg die JVA Offenburg und in Hessen die JVA Hünfeld. Dass private Investoren mit dem Bau von Gefängnissen sehr hohe Profite erwirtschaften können, verdeutlicht das Beispiel der JVA Waldeck – die bundesweit erste Haftanstalt, die durch eine ÖPP finanziert wurde. Das Gefängnis liegt circa zehn Kilometer von Rostock entfernt. Seit seiner Fertigstellung im Jahr 1996 sind bereits über 107 Millionen Euro an staatlichen Mietzahlungen geflossen, während der Bau den privaten Betreiber lediglich 53 Millionen Euro kostete. Bis zum Mietende in vier Jahren muss das Land nicht nur weitere 16,4 Millionen Euro Miete zahlen, sondern auch Restschulden von wohl mindestens 37 Millionen Euro übernehmen.

ÖPP sind also Goldgruben für private Investoren, für den Staat dagegen oft belastende Zuschussgeschäfte. Vollmundige Versprechen von hoher ­Qualität, Effizienz und Kosteneinsparungen erweisen sich regelmäßig als falsch. Immer wieder sind Rechnungshöfe des Bundes und der Länder zu dem Ergebnis gekommen, dass ÖPP-Projekte teurer sind als konventionell staatliche.

Das Image von ÖPP ist mittlerweile so schlecht, dass sie nicht mehr offen, sondern eher verdeckt und heimlich betrieben werden. Die Abkehr von ihnen findet sich zwar auch im Koalitionsvertrag der Ampelparteien: »Bei Kern­aufgaben des Staates verbleibt es grundsätzlich bei einer staatlichen Umsetzung und Finanzierung.« Weiter heißt es allerdings: »Ausgewählte Einzelprojekte und Beschaffungen« könnten unter Einbindung von Privaten umgesetzt werden.

Diese Hintertür nutzt Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) ausgiebig. Aus der Antwort des Bundesverkehrsministeriums auf eine Anfrage der Bundestagsfraktion der Linkspartei geht hervor, dass die Nutzung von ÖPP vielleicht sogar ausgeweitet werden könnte. Die Vorgängerregierung aus SPD und CDU hatte 2018 im Koalitionsvertrag noch festgelegt, dass man sich auf die Realisierung »noch nicht fertiggestellter« ÖPP beschränken würde. Diese Einschränkung sei heute »nicht mehr vorgesehen«, so die Antwort des Bundesverkehrsministeriums. Im Koalitionsvertrag war außerdem Transparenz gefordert worden: »Verträge müssen transparent im Internet veröffentlicht werden.« Doch sind auch weiterhin Schwärzungen der Texte möglich. Damit dürften auch in Zukunft wichtige Details im Dunkeln bleiben.

Warum schafft die Bundesregierung ÖPP nicht einfach ganz ab? Ausschlaggebend dürfte sein, dass ÖPP eine Form von Schattenhaushalten sind. Die Kredite der beteiligten privaten Investoren zählen nämlich nicht als öffentliche Schulden – nicht einmal dann, wenn der Staat ausdrücklich zu ihrer Rückzahlung verpflichtet ist. Auf diese Weise wird die sogenannte Schuldenbremse umgangen, obwohl die privaten Betreiber sogar höhere Zinsen als staatliche Institutionen zahlen müssen. Es wäre wirtschaftlich rationaler, die Investitionen über staatliche Kredite zu finanzieren, aber lange Zeit galt das neoliberale Dogma, wonach private Unter­nehmen effektiver wirtschaften.

Mittlerweile ist der Unsinn dieser Behauptung offenkundig geworden, aber jetzt verbaut die »Schuldenbremse« den Weg zur eigenen Schulden­aufnahme. Auf der anderen Seite sucht das private Kapital angesichts mauer Finanzmarktrenditen nach Anlagemöglichkeiten. Die findet es bei den ÖPP, die sichere und langfristige Renditen bieten, allerdings auf Kosten des Staates und damit der Allgemeinheit. Langfristig drohen die staatlichen Institu­tionen außerdem ihre Kenntnisse über den Betrieb der betreffenden Infrastruktur zu verlieren. Dann wären sie erst recht auf private Betreiber an­gewiesen.