Im für Staatsstreiche bekannten Fidschi gelang nach den Wahlen ein friedlicher Machttransfer

Der Neue ist einer von den Alten

Nach langer autoritärer Herrschaft in Fidschi besteht seit 2014 eine par­lamentarische Demokratie. Nun gelang auch ein friedlicher Macht­transfer von Regierung zu Opposition. Doch der neue Premier­minister Sitiveni Rabuka ist ein ehemaliger Putschist.

Als lupenreiner Demokrat kann der Neue nicht gelten. Denn Sitiveni Rabuka, der nach tagelangen Koalitionsverhandlungen seines Parteienbündnisses aus People’s Alliance (PA) und der kleineren National Federation Party (NFP) nun als Premierminister die Inselnation im Südpazifik regiert, hatte 1987 als Oberstleutnant mit dem ersten einer Reihe von Putschen die Einmischung des Militärs in die Politik eingeleitet. Obwohl seit den Wahlen von 2014 und dem Übergang von einer Militärdiktatur zu einer parlamentarischen Demokratie Fortschritte zu verzeichnen waren, stuft die Nichtregierungsorganisation Freedom House Fidschi wegen staatlicher Behinderung von Oppositionsaktivitäten, mangelnder Unabhängigkeit der Justiz und Polizeibrutalität als nur »teilweise frei« ein.

Nach knapp 16 Jahren, in denen der ehemalige Generalstabschef Voreqe Bainimarama zunächst nach einem Putsch zum Premierminister wurde, danach allerdingszweimal mit seiner Fiji First Party (FFP) bei Wahlen im Amt bestätigt wurde, sind nun die Hoffnungen groß, dass Rabukas Regierungsbündnis aus drei Parteien einen umfassenden Neuanfang bedeutet. Denn nach der Wahl bestand zunächst ein Patt zwischen den beiden wichtigsten Kontrahenten. Sowohl die FFP des bisherigen Premierministers als auch Rabukas Bündnis hatten jeweils 26 der 55 Sitze im Parlament errungen. Die entscheidende Rolle fiel damit der Sozialdemokratischen und Liberalen Partei (Sodelpa) mit ihren drei Sitzen zu, einer entgegen dem Namen eher konserva­tiven Gruppierung. Die Parteiführung entschied sich am Ende mit knapper Mehrheit dafür, mit Rabuka zu regieren.

Die Koalition hat die Regierung in denkbar schwierigen Zeiten übernom    men. Im Südpazifik hat sich zuletzt der globale Machtkampf zwischen den USA und China in dramatischer Weise zu­gespitzt, zudem leidet Fidschi unter den Folgen der Covid-19-Pandemie. Die Koalition wurde von dem gemeinsamen Ziel zusammengeführt, erst einmal Bainimarama loszuwerden, doch es gibt ideologische Differenzen, die in etlichen Punkten schwer zu überbrücken sind, und überdies persönliche Animositäten. Es ist daher fraglich, ob die Koalition über vier Jahre gemeinsam regieren kann.

Zu denen, die auf einen echten ­Neuanfang hoffen, gehören die im Dachverband Fiji Trades Union Congress (FTUC) zusammengeschlossenen Gewerkschaften. Manoa Kamikamica, ­einer von drei Vizevorsitzender der PA und nun auch einer von drei Vizepremierministern sowie Handelsminister, hatte im Wahlkampf vor Beschäftigten der durch die Coronakrise gebeutelten nationalen Fluggesellschaft Fiji ­Airlines auf die bedeutende gesellschaftliche Rolle der Gewerkschaften verwiesen. Das sind neue Töne. Bainimaramas Vorgängerregierung galt als keineswegs gewerkschaftsfreundlich, auch wenn der ehemalige Premierminister im September bei der UN-Ge­neralversammlung darauf hingewiesen hatte, dass zur Hochzeit der Pan­demie an die 100 000 fidschianische Beschäftigte erwerbslos geworden ­waren – fast ein Neuntel der Gesamtbevölkerung. Zwar haben viele wieder ­Arbeit gefunden, doch hat es symbolischen Wert, was Vizepremierminister Viliame Gavoka, der zugleich Parteivorsitzender von Sodelpa und Tourismusminister ist, am 13. Januar mitteilen konnte: 400 in der Pandemie entlassene Beschäftigte von Fiji Airlines sollen wieder eingestellt werden – das habe für die Regierung hohe Priorität. Zu ­ihren Kernthemen ­gehört zudem die Bildungspolitik.

Im Vergleich zu anderen pazifischen Inselstaaten mit lediglich wenigen Zehntausend Einwohner:innen darf Fidschi mit einer Bevölkerungszahl von fast einer Million beinahe als Regionalmacht gelten und nimmt eine Führungsrolle ein. Bainimarama hatte sich einen Namen auf dem internationalen Parkett gemacht – mit der Interessenvertretung der »Kleinen« gegenüber den übermächtigen Staaten Neuseeland und vor allem Australien, aber auch als Stimme jener Inselnationen, die schon jetzt besonders stark unter dem Klimawandel zu leiden haben. Fidschi könnte zur primären Zufluchtsstätte werden, sollten mittelfristig etwa Tuvalu oder Kiribati im Ozean zu verschwinden drohen.

In der neuen Koalition, die sich erst einspielen muss, ist die linksliberale NFP, die älteste Partei des Landes, das progressivste Element. Sie hatte sich bereits vor der Wahl mit Rabukas PA verbündet, die als moderat konservativ gelten kann. Bei der PA handelt es sich de facto um eine Abspaltung der Sodelpa, für die Rabuka vor vier Jahren noch selbst als Spitzenkandidat angetreten war, bevor er sich nach einem internen Führungsstreit von der Partei trennte.

Geprägt sind Gesellschaft und Politik des Inselstaats von Spannungen zwischen als indigen bezeichneten Alt-Fidschianer:innen und Nachfahren der zu britischer Kolonialzeit im späten 19. Jahrhundert ins Land geholten Inder:innen. In dieser Frage müssen die drei Parteien erst eine gemeinsame ­Linie finden. Ein Fortschritt ist bei der Vorgeschichte von vier Putschen (1987, 2000, 2006 und 2009), dass der Machttransfer friedlich erfolgte, auch wenn die Stimmung in Suva einige Tage vor Rabukas Vereidigung am 24. Dezember noch sehr angespannt war. Zudem ist Bainimarama nicht ganz aus dem Spiel. Zwar lag das Bündnis aus PA und NFP beim Wahlergebnis in der Zahl der gemeinsamen Mandate – 21 und fünf – mit den 26 der FFP gleichauf, diese blieb aber mit 42,5 Prozent der Stimmen die stärkste Partei.