Der zum Tode verurteilte saudische Twitter-Nutzer Awad al-­Qarni

Gefährliches Predigen

Wegen kritischer Tweets über das Königreich wurde der Juraprofessor Awad al-Qarni 2017 verhaftet. Nun wurde er zum Tode verurteilt.
Porträt Von

Twitter kann einem in vielerlei Hinsicht zum Verhängnis werden, nicht erst seit Milliardär Elon Musk den Mikrobloggingdienst demoliert. In Saudi-Arabien wurde nun der Juraprofessor und Prediger Awad al-Qarni zum Tode verurteilt, weil er einst seinen Account mit zwei Millionen Followern genutzt hatte, um Nachrichten zu verbreiten, die als dem Königreich »feindlich« gesinnt gelten, wie der Guardian mit Verweis auf Gerichtsdokumente berichtet. Bereits im September 2017 war der Universitätslehrer, geboren wohl 1957 im südwestlichen Gouvernement Balqarn, im Rahmen eines harten Vorgehens der saudischen Regierung unter dem neuen Kronprinzen Mohammed bin Salman gegen Oppositionelle verhaftet worden.

Al-Qarni, der an der Al-Imam-Universität in Riad und an der König-Khalid-Universität in Abha tätig war, hatte einem Bericht des Senders al-Jazeera zufolge unter anderem Bücher über ­islamische Rechtsprechung geschrieben und ist Ausbilder für neurolinguistisches Programmieren.

Er hatte mit anderen Geistlichen eine Erklärung unterzeichnet, in der er die Invasion des Irak im Jahr 2003 verurteilte, und kritisierte im Jahr 2012 die Verhaftungen und Reiseverbote für Intellektuelle in Saudi-Arabien. Aus den Gerichtsunterlagen geht hervor, dass der Geistliche »gestanden« habe, an einer Whatsapp-Konversation teilgenommen und auf dem Twitter-Account @awadalqarni seine Ansichten kundgetan zu haben. Zudem wird ihm vorgeworfen, in Videos die Muslimbruderschaft gelobt zu haben. Die staatsnahe Zeitung Arab News stellte ihn als gefährlichen Prediger dar, der Verschwörungstheorien und extremistische Tiraden gegen den Westen verbreite. Sein Sohn Nasser floh voriges Jahr aus dem saudischen ins britische Königreich. Zuvor hatte die saudische Justiz auch andere Twitter-Nutzer für unliebsame Posts verurteilt, Salma al-Shehab zu 34 Jahren, Noura al-Qahtani zu 45 Jahren Haft. Gleichzeitig erhöhte das Königreich ­seine finanzielle Beteiligung an Twitter, Prinz al-Waleed bin Talal bin Abdulaziz ist nach Musk der zweitgrößte Anteilseigner.