Die französische Schriftstellerin Colette wäre am 28. Januar 175 Jahre alt geworden

Die Autonome

Rollenspiele, Selbstbehauptung und »diese Freuden«. Wie im Spiegel der Nostalgie reflektiert das Werk von Colette die Sehnsüchte und Konflikte unserer Tage. Am Ende dreht sich wieder alles um die Frage, mit wem man seine Zeit verbringen will – und ob Kartäuserkatzen die besseren Ehepartner sind. Zum 150. Geburtstag der französischen Schriftstellerin, Varietékünstlerin und Reporterin.

Der Knutscher von Madonna und Britney Spears 2003 war ein gelungener Marketing-Coup, der Kuss, den sich die Schriftstellerin Sidonie-Gabrielle Claudine Colette (bekannt als Colette) und die französische Aristokratin und Künstlerin Mathilde de Morny (genannt Missy) in einer Hosenrolle 1907 auf der Bühne des Moulin Rouge gaben, ein ausgewachsener Skandal. Das Publikum rastete derart aus, dass die Polizei zur Beruhigung der Lage anrückten musste. Dem Skandalpaar der Pariser Boheme, das eine riesige Villa in der Nähe der belgischen Grenze bewohnte, wurde das Zusammenleben von den Behörden und der Klatschpresse daraufhin so schwer wie nur möglich gemacht.

Das Spiel mit Namen, Identitäten, Kleidern; die Provokation der Öffentlichkeit auf der einen und die Gängelung durch Polizei und Justiz auf der anderen Seite – in der Biographie Colettes spiegeln sich auf poetische Weise die Aufregungen unserer Tage. Neuerdings wird über das Pronomen und die Wahrnehmung Mornys als Trans-Person gestritten. Als Wash Westmorelands gefeiertes Biopic »Colette« 2019 in die Kinos kam, kritisierte beispielsweise die US-amerikanische Autorin Julia Diana Robertson die Darstellung der Morny: »Indem Missy als ›Mann‹ umgeschrieben wird, beraubt der Mainstream sie ihrer Macht und verweigert Lesben ihre Geschichte.«

Als Tänzerin hatte Colette ganz besonderen Blick für die Eigentümlichkeiten der menschlichen Physiognomie, für die Merkmale von Schönheit, Jugend und Alter.

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