Die Autorin Manja Präkels reist gen Osten

Tristesse und Schweinsfüße

Platte Buch Von

Von Bedrohungen, die zur Normalität werden, erzählt Manja Präkels Essayband »Welt im Widerhall oder War das eine Plastiktüte?«. Das Buch versammelt Eindrücke von Reisen durch Brandenburg, Transnistrien, China und die Mongolei. Manche Texte gehen zurück in die neunziger Jahre, andere behandeln die Gegenwart. Auch in der »ruppigen Mitte« Berlins, wo die mit Pracht­bauten und exklusiven Geschäften gesäumte Friedrichstraße in die Tristesse der Wohnhochhausblocks und Bau­stellen am Mehringplatz mündet, erkundet die Autorin, wie das »städtische Gefüge zerbricht«. »Seit aus dem kleinen Kaiser’s ein Edeka geworden ist, gibt es am Fleischstand kein doppelt gewolftes Rindfleisch für Lahmacun mehr, ­dafür Schweinsfüße (…). Seit wir eingezogen sind, macht Laden für Laden dicht (…). Die Zerstörung solch kleiner Welten geht schnell. Ihr Aufbau dauert Jahre. Aber ­Anfänge gibt es immer.« Diese zeigt Präkels in kleinen Szenen, die in ihrer ­poetischen Verdichtung Hoffnung machen: »Ein Nachbars­junge ruft den Namen meines Hundes in die Schlucht hinein. Beide rennen aufeinander zu. Wir lachen. Mit Echo.«

Bekannt geworden ist Präkels 2017 mit ihrem furiosen, autobiographisch grundierten Romandebüt »Als ich mit Hitler Schnapskirschen aß«. Aus der Perspektive ihrer Protagonistin Mimi beschreibt sie darin, was es bedeutete, zur Wendezeit in der brandenburgischen Provinz aufzuwachsen: Vertraute Strukturen zerfielen binnen kürzester Zeit. Das so entstandene politische und gesellschaftliche Vakuum wurde von Nazis besetzt, die Jagd auf alle machten, die nicht in ihr völkisches Weltbild passten. Gewalt bricht sich auf den Straßen und in den Dorfdiskos Bahn. Dem stellt die Autorin ihre Form ­genauen Erinnerns als Grundlage der Aufarbeitung gegenüber. Und ­widerspricht damit vehement den kumpeligen Reportagen eines Moritz von Uslar.

Manja Präkels: Welt im Widerhall oder War das eine Plastiktüte? Verbrecher-Verlag, Berlin 2022, 192 Seiten, 19,00 Euro