Eren Güvercin von der Alhambra-Gesellschaft über die derzeitige ­Kampagne gegen diese

»Ziel ist die Einschüchterung von Kritikern«

Die Alhambra-Gesellschaft widmet sich der »Verständigung zwischen Glaubensgemeinschaften und dem besseren Zusammenleben von muslimischen und nichtmuslimischen Bürger:innen in Deutschland«, wie sie auf ihrer Website schreibt. Derzeit findet im Internet eine Kampagne gegen sie statt, weil sie Kritik am Wahlkampf der AKP in deutschen Moscheen geübt hat. Die Jungle World sprach mit dem ­Alhambra-Mitglied Eren Güvercin.
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Was ist passiert?

Personen aus dem Umfeld der AKP-Lobbyorganisation Union Internationaler Demokraten, unter anderem der Funktionär Adem Taflan, haben über Twitter eine Hetzkampagne gestartet, die AKP-Trollaccounts aufgegriffen haben und weiterverbreiten. Verschie­dene Personen aus unserem Verein, unter anderem auch ich, hatten in den letzten Wochen den massiven Wahlkampf der AKP in deutschen Moscheen öffentlich thematisiert und kritisiert. Ich habe die Hetzrede des AKP-Abgeordneten Mustafa Açıkgöz in Neuss ins Deutsche übersetzt und damit für eine öffentliche Thematisierung in Deutschland gesorgt. Das hat verschiedene Akteure natürlich getriggert. Diese Kampagne auf Twitter und Co. hat ein reichweitenstarkes türkisches Medium aufgegriffen und mich in einem Beitrag als »Fetö-Mitglied« bezeichnet …

… als »Fetö« bezeichnet die AKP-Regierung die islamisch-fundamentalistische Gülen-Bewegung …

… und in diesem Kontext auch die Alhambra-Gesellschaft gezielt erwähnt.

Ist es das erste Mal, dass Sie sich einer solchen Kampagne ausgesetzt sehen?

Diese Kampagnen gegen unseren Verein gibt es seit der Gründung 2017. Wenige Monate nach der Gründung gab es in der AKP-nahen Zeitung Yeni Şafak einen Beitrag, in dem wir als eine »Parallelorganisation« des deutschen Staats und der Kirchen bezeichnet wurden, deren Ziel es sei, die Muslime zu spalten und den Einfluss der Türkei zu verringern. Im Türkischen wird die Gülen-Gruppierung, die offiziell in der Türkei als Terrororganisation gilt, als »Parallelorganisation« bezeichnet. Das Wort ist eine beliebte Chiffre, um Kritiker ganz unterschiedlicher Couleur zu diffamieren. Diese Kampagne gab es immer, aber die Hetze hat in den letzten Wochen ganz neue Dimensionen erreicht.

Was ist das Ziel?

Das Ziel dieser öffentlichen Markierung als Terrorist – entweder PKK oder Fetö – ist zum einen die Einschüchterung von Personen, die Kritik äußern, zum anderen aber auch eine Warnung an andere, dass sie sich nicht öffentlich kritisch zu Wort melden, auch wenn sie ähnlich denken. Wird man zum Terroristen erklärt, hat das reale Konsequenzen. Man sollte dann zum Beispiel die nächste Zeit erst mal nicht in die Türkei einreisen. Aber auch in Deutschland kann es ungemütlich werden, weil es genug ideologisierte Sympathi­santen der AKP und der Grauen Wölfe gibt.
Vertritt die Alhambra-Gesellschaft bestimmte Positionen zum Wahlkampf in der Türkei?

Wir beschäftigen uns in erster Linie mit Themen, die das Zusammenleben in unserer Gesellschaft in Deutschland betreffen. Der aggressive, nationalistische Wahlkampf der AKP ist allerdings ein Thema, das eben unser Zusammenleben in Deutschland beeinflusst. Dazu beziehen wir Stellung und haben eine klare Haltung.