Ein Rückblick auf 36 Jahre Revolutionärer 1. Mai in Kreuzberg

Für und gegen nächtliche Ruhestörung und sinnlose Gewalt

Der Revolutionäre 1. Mai ist ein Ereignis mit bundesweiter, wenn nicht internationaler Strahlkraft. Das Bild, das man sich andernorts von Kreuzberg und ganz allgemein von radikalen Linken macht, ist davon maßgeblich geprägt.
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Voriges Jahr liefen etwa 20.000 Leute bei der abendlichen Revolutionären 1.-Mai-Demonstration von Neukölln nach Kreuzberg. Nennenswerte Zusammenstöße mit der Polizei gab es dabei nicht. Das war mal ganz anders. Alles begann am 1. Mai 1987 mit heftigen Auseinandersetzungen zwischen Teilen der Kreuzberger Bevölkerung und der Polizei, bei denen die Autonomen eine wichtige, aber nicht die zentrale Rolle spielten. Die am 1. Mai geplünderte Filiale der längst verblichenen Lebensmittelkette »Bolle« am Görlitzer Bahnhof ging in der Nacht auf den 2. Mai in Flammen auf. Das war das Fanal der autonomen 1.-Mai-Aktivitäten.

Der Vorabend
Anfang der neunziger Jahre gab es feministische Walpurgisnachtdemos, die durch Schöneberg und Kreuzberg zogen. Gänzlich ohne politisches Rahmenprogramm kamen ab Mitte der Neunziger Tausende Jugendliche am Kollwitzplatz und später im Mauerpark in Prenzlauer Berg auf teils kommerziellen Festen zusammen, wo es regelmäßig zu Auseinander­setzungen mit der Polizei kam. Linksradikale spielten dabei keine besonders große Rolle.

Stärker von der linken Szene geprägt waren die Aktivitäten, die sich ab den nuller Jahren in Friedrichshain rund um den Boxhagener Platz abspielten. Vorher gab es teilweise auch Konzerte mit antikapitalistischem Schwerpunkt – vor allem gegen »Yuppisierung« –, die von der Berliner Anti-Nato-Gruppe (B.A.N.G.) organisiert wurden und mit denen vor allem Punks mobilisiert werden konnten. Trotz einzelner Ausschreitungen wurde es wie auch auf den 1.-Mai-Demonstrationen auch hier in den nuller Jahren immer friedlicher.

Bis 1987 war die Sache bei vielen Westberliner Linken klar: Am Nachmittag ist man auf dem Straßenfest am Lausitzer Platz und morgens auf der DGB-Demo.

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