Ein neues Buch von Judith Hermann und ein neuer Film mit Isabelle Huppert

Verstrahlt, bekifft, verkackt

Isabelle Huppert, Judith Hermann und Carsten Meyer lassen sich nicht einschüchtern.
Die Summens Von

Wir haben alles verkackt! Das singt Carsten »Erobique« Meyer auf der neuen Single-Auskopplung seines im Juni erscheinenden Albums »No. 2«. Die lebende Discokugel erfreut uns seit nunmehr 25 Jahren mit herausragendem Live-Entertainment zwischen Hamilton Bohannon und Helge Schneider. Der Song erinnert in der Melodieführung ein wenig an »Family Affair« von Sly & The Family Stone und bringt die gesamtgesellschaftliche Lage hervorragend auf den Punkt.

Deutsche home growers dürfen demnächst ganz legal dafür sorgen, dass wir angenehm betäubt zu Erobiques Dystopie-Disco die Hüften schwingen können.

Aber es gibt Hoffnung! Deutsche home growers dürfen demnächst ganz legal dafür sorgen, dass wir angenehm betäubt zu Erobiques Dystopie-Disco die Hüften schwingen können.

Dazu müssen ein paar Kiffer:innen allerdings erst einen Cannabis-Social-Club gründen! Warum hat die FDP eigentlich nicht verlangt, dass unser künftiges Cannabis-Business an die Börse geht? Ganz nach amerikanischem Vorbild! Kiffen für noch mehr Profit des oberen einen Prozents!

 

Erobique Verkackt

 

Nicht von den Mächtigen beeindrucken lässt sich Isabelle Huppert in dem Politthriller »Die Gewerkschafterin«, der auf wahren Begebenheiten beruht: Als Sprachrohr der Belegschaft des Atomkonzerns Areva deckt sie in der Rolle der kämpferischen Irin Maureen Kearney Machenschaften in der französischen Atomindustrie auf.

Die Einschüchterungsversuche gipfeln in einer Vergewaltigung. Da sie sich aber nicht wie ein typisches Opfer verhält, zweifelt die Polizei an ihrer Glaubwürdigkeit. Auch dem Publikum kommen Zweifel; frauenfeindliche Einstellungen sind eben in uns alle eingeschrieben. Trotz dramaturgischer Schwächen sehenswert.

Und es gibt auch endlich wieder ein neues Buch von Judith Hermann! »Wir hätten uns alles gesagt« beinhaltet zum einen ihre Frankfurter Poetikvorlesungen. Aber die Berliner Autorin nimmt sich auch mal wieder mit traumwandlerischer Schwere alle Freiheiten und erzählt Geschichten. Da begegnet ein literarisches Judith-Hermann-Double nachts seinem Psychoanalytiker oder trifft Gestalten, mit denen die Erzählerin Ende der Neunziger in »Sommerhaus, später« abgehangen hat.

Wie nebenbei reflektiert Hermann das Schreiben von Geschichten, in deren Zentrum »ein schwarzes Loch ist, aber es ist nicht schwarz, und es ist nicht finster. Es kann im besten ­Falle glühen.« Ja, glühen wie die neue Single von Dexys, die den Zusatz Midnight Runners abgelegt haben, auf Repeat: »I’m Going to Get Free.« Kevin Rowland bleibt ein leuchtender Stern.