In Paraguay hat die streng konservative Colorado-Partei erneut die Wahlen gewonnen

Genauso, nur anders

In Paraguay wurde am 30. April Santiago Peña Palacios von den rechtskonservativen Colorados zum Präsidenten gewählt – trotz der Korruptionsvorwürfe gegen die Partei.

Im südamerikanischen Agrarland Paraguay gewann am vorvergangenen Sonntag der ehemalige Liberale Santiago Peña Palacios, seit 2016 Mitglied der rechtskonservativen Colorado-Partei, mit einer einfachen Mehrheit von circa 43 Prozent der Stimmen die Präsidentschaftswahl. Sein Kontrahent Efraín Alegre Sasiain, der eine Mitte-links-Koalition anführte, erreichte rund 28 Prozent. Den dritten Platz belegte Paraguayo Cubas Colomés vom rechtspopulistischen Partido Cruzada Nacional (Partei des nationalen Kreuzzugs) mit etwa 23 Prozent. Peña wird am 15. August seinen Parteikollegen Mario Abdo Benítez im Präsidentenamt ablösen.

Der Ökonom Peña versprach in seiner Wahlkampagne dem von Inflation geplagten Land unter dem Motto »Kohle in deiner Geldbörse« einen wirtschaftlichen Aufschwung. Nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) leben 40 Prozent der siebeneinhalb Millionen Einwohner Paraguays unter der Armutsgrenze. Besonders betroffen ist die Landbevölkerung. Peña hat versprochen, innerhalb von fünf Jahren 500 000 Arbeitsplätze zu schaffen. Er lehnt Steuererhöhungen kategorisch ab und möchte die engen Handelsbeziehungen zu Taiwan beibehalten. Paraguay ist eines der wenigen Länder, die Taiwan als Staat anerkannt haben.

Paraguay ist eines der wenigen Länder, die Taiwan als Staat anerkannt haben.

Das Land ist eine der führenden Nationen im Soja- und Fleischexport. Ferner steht im Grenzgebiet zu Brasilien das drittgrößte Wasserkraftwerk der Welt, Paraguay gilt daher als großer Elektrizitätsproduzent. Die Ländereien sind in Händen weniger in- und ausländischer Unternehmen, die teils an fragwürdigen Geschäften und Geldwäscheskandalen beteiligt sind. Im internationalen Vergleich schneidet Paraguay, was die Landverteilung angeht, sehr schlecht ab: Beinahe die gesamte Fläche ist in den Händen von Großgrundbesitzern und großer Agrarkonzerne.

Das hängt auch mit der von der Colorado-Regierung vorangetriebenen Kriminalisierung und Vertreibung der bäuerlichen Bevölkerung zusammen und wird sich mit der neu gewählten Regierung höchstwahrscheinlich nicht ändern. Vergangenes Jahr hat die Colorado-Regierung ein Gesetz verabschiedet, das Landbesetzung kriminalisiert und dadurch Vertreibungen und Zwangsräumungen indigener Gruppen und Kleinbäuerinnen durch staatliche Einsatzkräfte ausgelöst hat, die oft über keine offiziellen Landbesitztitel verfügen.

Mit Peña bleiben die Regierungsgeschäfte weitere fünf Jahre in den Händen der Colorado-Partei, die das Land seit 1948 fast durchgehend regiert hat. Nur 2008 schaffte es der ehemalige Bischof Fernando Armindo Lugo Méndez vom linken Bündnis »Patriotische Allianz für den Wandel« ins Präsidentenamt, wurde aber im Juni 2012 durch ein Amtsenthebungsverfahren abgesetzt. Bei den Wahlen 2023 erhoffen sich linke Gruppierungen erneut einen Machtwechsel.

Im Wahlkampf gab sich Peña populistisch. So stellte er die Bevölkerung des Nachbarlands Argentinien als faul dar: »Sie wollen nicht arbeiten, das ist einfach die Realität.« Auch lobte er den einstigen Diktator Alfredo Stroessner (1954 bis 1989) in einem Interview mit der brasilianischen Tageszeitung Folha de S. Paulo als »Verantwortlichen für 50 Jahre Stabilität in Paraguay«. Der deutschstämmige Stroessner war Mitglied der Colorados.

Hoffnungen auf einen Wahlsieg machte sich das Mitte-links-Bündnis aber insbesondere deswegen, weil die Colorado-Partei seit dem Frühjahr mit internen Krisen und Korruptionsskandalen zu kämpfen hat, die ihr den Ruf einer Mafiaregierung eingebracht haben. So verhängten die USA im Januar Sanktionen wegen Korruption und Verbindungen zur islamistischen Terrororganisation Hizbollah gegen zwei führende Parteimitglieder – den scheidenden Vizepräsidenten Hugo Adalberto Velázquez Moreno und den ehemaligen Präsidenten Horacio Manuel Cartes Jara (2013 bis 2018). Cartes’ Unternehmen, die Grupo Cartes, gehörte zu den größten Landeigentümern Paraguays, bis es im März 2023 aufgrund des Drucks der USA aufgelöst wurde.

Peña gilt als politischer Ziehsohn Cartes’ und war unter seiner Regierung Finanzminister. Sein Herausforderer Alegre machte den Kampf gegen Korruption und mafiöse Strukturen in der Politik zu einem zentralen Thema seiner Wahlkampagne. Er versuchte zum dritten Mal, das Amt für sich zu gewinnen, dieses Jahr mit der Unterstützung des nationalen Bauernverbands und des ehemaligen Präsidenten Lugo. Sogar José Alberto »Pepe« Mujica Cordano, der international wohl bekannteste noch lebende Präsident Uruguays (2010 bis 2015), reiste für eine Wahlveranstaltung aus seinem Wohnort bei Montevideo in Uruguay nach Paraguay und forderte die Jugend auf, Alegre zu wählen.

Die Bürger Paraguays wählten jedoch, anders als viele lateinamerikanische Länder in den vergangenen Jahren, rechtskonservativ. Wie die progressiven Kandidaten verheißt Peña eine Politik des Wandels und bessere wirtschaftliche Zeiten, ihm spielte aber in die Hände, dass es die linken Bewegungen nicht schafften, geschlossen aufzutreten. Peña versprach in seiner Kampagne mehr Arbeitsplätze und Wohlstand für alle Teile der Bevölkerung, Alegre baute hingegen mehr auf Geschlechterparität und den Kampf gegen die Korruption im Land. Am Ende überzeugte die Wählerschaft wohl das Versprechen des wirtschaftlichen Fortschritts.

Bei den Gouverneur:innen, dem Senat und in den regionalen Regierungen gewannen die Colorados ebenfalls: 23 der 45 Senatssitze fielen an sie, 15 der 17 Provinzparlamente werden künftig von der Partei geführt. Der linke Frente Guasú des ehemaligen Präsidenten Lugo verlor sieben ihrer acht Sitze im Senat und wird in der kommenden Legislaturperiode kaum wahrnehmbar sein. Übrig bleibt einzig die Senatorin Esperanza Martínez, die noch im vergangenen Jahr als erste weibliche Präsidentschaftsanwärterin gehandelt worden war.