Die mörderische Geschichte des christlichen Antisemitismus

Mit Kreuz und Katjuscha: Die Theologie des Terrors

In der Debatte über mittelalterliche »Judensau«-Reliefe wird ignoriert, wie virulent der christliche Antisemitismus bis heute ist. Seine Bedeutung für die Shoah ist weitaus größer als gemeinhin angenommen. Wie er auch den Hass auf Israel schürt, zeigt die atemberaubende Geschichte eines militanten, in Jerusalem wirkenden Erzbischofs.

Im gesamten christlichen Europa sind judenfeindliche Spottbilder nachweisbar, doch das Motiv der »Judensau« findet sich fast nur im deutschsprachigen Raum. Das bekannteste ist ein Relief an der Stadtkirche zu Wittenberg aus dem 13. Jahrhundert, das seit Jahren Gegenstand von Debatten und Rechtsstreitigkeiten ist (»Die Judensau darf bleiben«,Jungle World 23/2019). Im Juni 2022 erklärte der Bundesgerichtshof, die Schmähplastik stelle für sich genommen zwar eine judenfeind­liche Beleidigung dar, doch weil die Gemeinde kritische Erläuterungstexte angebracht hatte, müsse sie nicht entfernt werden. Nun hat das Bundesverfassungsgericht zu entscheiden.

Das Wittenberger Relief zeigt eine Sau, an deren Zitzen zwei als Juden erkennbare Personen saugen; eine weitere Person hebt den Schwanz des Tiers und schaut ihm in den After. Es war Martin Luther, der die vulgäre Symbolik des Reliefs auf die Spitze trieb: Die den Anus des Tieres inspizierende Person stelle einen Rabbiner dar, der so seine Heiligen Schriften lese – die »Judensau« symbolisiere mithin den Talmud.

Die Kreuzigung Jesu ist, wie der israelische Historiker Dan Diner einmal bemerkte, zum »Gründungsmythos einer ganzen Zivilisation« geworden.

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