Rick Rubin gibt Kreativitätstipps, Ragnar Axelsson ­fotografiert den Klimawandel

Panta rhei für Barbie-Puppen

Alles fließt bei Rick Rubin, alles schmilzt bei Ragnar Axelsson.
Die Summens Von

»Wir können«, schreibt der sagenumwobene Musikproduzent Rick Rubin in seinem zenbuddhistisch inspirierten Ratgeber »Kreativ. Die Kunst zu sein«, »nicht ständig in denselben Fluss steigen, denn er strömt ständig dahin«. Dieser Ansicht scheint auch Mac DeMarco zu sein, der die insgesamt 199 Songs seines neuen Albums »One Way G« nach ihrem Aufnahmedatum benannt hat. Von »20180512« bis »20230114« plätschert sein funky Indiepop aus fünf Jahren fast neun Stunden lang dahin. Einen Hoodie zum Album gibt es auch zu kaufen. Damit können die erlauchten Fans dann am Fluss der Zeit entlangflanieren.

Dem scheint auch die neue Barbie-Puppe entstiegen: Die Kritik an dem beknackten Körperideal der traditionellen Barbie aufgreifend, brachte Mattel in der Vergangenheit bereits Plastikladys im Rollstuhl, mit Hörgerät oder Prothesen heraus. Neu ist eine Puppe mit Down-Syndrom. Gut so! Doch man sollte das Diversity-Potential von Ken nicht aus den Augen verlieren. Wir setzen unsere Hoffnung ganz in den demnächst startenden Barbie-Film von Greta Gerwig – mit Ryan Gosling als Begleiter der in die Jahre gekommenen Blondine – und werden zur Kinopremiere im Juli auf jeden Fall unsere Haribo-Vans, Playmobil-Oberhemden und anderen ­infantilen Cross-Marketing-Schwachsinn aus unserer Insta-Shopping-Bubble tragen.

Strenggenommen ist die Vinylschallplatte auch nur ein Relikt aus der guten alten Barbie-Zeit. Eine neue Statistik weiß übrigens zu berichten, dass 50 Prozent der US-amerikanische Vinyl-Käufer:innen nicht mal einen Plattenspieler besitzen! Hauptsache, die Scheibe sieht gut aus! Dabei würde ein kleiner Plattenspieler nur schlappe 19,49 Euro kosten – fürs Barbie-Haus.

Von der schönen alten Plastikwelt in die arktische Realität, die der isländische Fotograf Ragnar Axelsson über 40 Jahre immer wieder aufgesucht und in unglaublichen Schwarz­weißfotografien festgehalten hat. Unter dem Ausstellungstitel »Where the World Is Melting« zeigt Axelsson in den Hamburger Deichtorhallen eine menschenfeindliche Region, in der Jäger und Fischer gemeinsam mit ­ihren charaktervollen Schlittenhunden ums nackte Überleben kämpfen. Jedes seiner Bilder lässt einem den Atem stocken, als gleite man selbst für Momente des Staunens in die vor Kälte klirrenden Fotografien, die von einer verschwindenden Welt zeugen. Berühmt wurde Axelsson übrigens mit dem eindrucksvollen Bild eines Mannes, dessen Bart uns verdammt an den Rick Rubins erinnert.