Nachruf auf Anton Landgraf, Autor, Mitherausgeber und ehemaliger Redakteur der »Jungle World«

Homestory #28/23

Zum Tod unseres Kollegen Anton Landgraf.
Homestory Von

Es muss irgendwann 1999 in den Redaktionsräumen in der Lausitzer Straße gewesen sein, als Anton Landgraf seine Kampagne zur Schaffung eines »Euro«-Ressorts startete – lange bevor die Währung überhaupt eingeführt war. Doch unbeirrt zeigte Anton den irritierten Inlands- und Auslandsredakteuren auf, welche Artikel sich künftig auf den Euro-Seiten der Jungle World wiederfinden müssten und was für einen Einfluss der geeinte Machtblock EU noch entfalten würde. Mit Erfolg.

Aber das ist längst nicht alles, was diese Zeitung dem 1964 in Aalen geborenen Soziologen verdankt. Wachstum und Währungspolitik waren weitgehend Fremdwörter in der frühen Jungle World, das hat Anton geändert – nachhaltig: Erst vor zwei Wochen schrieb er über das Vorgehen der US-Börsenaufsicht gegen die Krypto-Branche. Wie immer leicht verständlich formuliert, und das bei einem Thema, von dem viele keine Ahnung haben.

Anton ist seinen ehemaligen sowie den neu dazugekommenen Kolleg:innen stets treu geblieben, auch, als er längst die Presseabteilung von Amnesty International in Berlin leitete. Dort produzierte er gemeinsam mit dem Ex-Jungle World-Layouter Heiko von Schrenk ein preisgekröntes Journal – das Magazin für die Menschenrechte. Politisch vielleicht noch wichtiger: Ohne Antons langen Atem wäre die Debatte um israelbezogenen Antisemitismus bei Amnesty Deutschland kaum geführt worden.

Die blinden Flecken der Linken in Sachen Antisemitismus, die diese Zeitung von Beginn an hartnäckig angeht, sind nur einer von vielen Gründen, weshalb Anton die Jungle als sein publizistisches Zuhause betrachtete, als Autor wie als Mitherausgeber: Nicht nur in Krisenzeiten dachte er darüber nach, wie es mit dieser Zeitung politisch und wirtschaftlich weitergehen konnte; für Vereinssitzungen und Jubliäumsausgaben mobilisierte er seine in alle Welt verstreuten ehemaligen Kolleg:innen.

Am Wochenende ist Anton an den Folgen eines Herzinfarkts verstorben – für uns alle unfassbar. Er wird uns fehlen als einer, der immer für seine Freund:innen und Kolleg:innen da war. Unser Beileid gilt seiner Frau Tanja Dückers und ihrem gemeinsamen Sohn Emil.