Jens Balzers Buch »After Woke«, Caspar David Friedrichs 250. Geburtstag

Böses Erwachen

Popkolumne. Jens Balzer und Caspar David Friedrich.

»Wenn Fanatiker wüten, denen das Leben gar nichts gilt, und der Tod ­etwas Erstrebenswertes ist, durch das man Märtyrer werden und sich zu den Jungfrauen begeben darf, dann gibt es keine Übereinkünfte mehr darüber, wovon Leben abhängt«, zitiert Jens Balzer in seiner Streitschrift »After Woke« einen Text von Elfriede Jelinek über den 7. Oktober.

Balzer, der als Kultur- und Popjournalist selbst Teil diverser Musikszenen ist, zeigt sich in seinem lesenswerten Bändchen schockiert über den Zuspruch, den das Massaker im Kulturmilieu findet. Den »Umgang der woken Linken« mit dem Terrorangriff der Hamas bezeichnet er als »moralischen Bankrott«, zumal sich doch gerade das queere Lager als progressiv und achtsam versteht. An der bekundeten Sympathie für die »islamofaschistischen Hamas« kann man nur noch verzweifeln.

Die Hoffnung bleibt, dass nicht der komplette woke Kulturkampf für den Mülleimer der Geschichte war. 

Vorbei an Begriffsriesen wie Postkolonialismus, Identitätspolitik und Wokeness sucht Balzer nach einem Gegenentwurf zu dem identitären Denken der reaktionären Kräfte und findet dazu anschlussfähige Gedanken bei Jürgen Habermas. Die Hoffnung bleibt also, dass nicht der komplette woke Kulturkampf für den Mülleimer der Geschichte war. Genauso aber das Entsetzen darüber, dass viele Linke sich weigern, ihre antisemitischen Vorurteile zu hinterfragen.

Oder wie Caspar David Friedrich es ausdrückte: »Wo Herz und Gemüt erkaltet ist, da kann die Kunst nie heimisch sein.« Die Werkschau in der Alten Nationalgalerie in Berlin aus Anlass des 250. Geburtstags des Malers endet am 4. August.

Entsprechend groß ist kurz vor Torschluss das Gedränge vor den Gemälden, so dass es schwerfällt, sich in deren zutiefst berührende Stille, Melancholie und Einsamkeit zu versenken. Arbeiten des Romantikers werden noch in vielen anderen deutschen Städten gezeigt.

»Was will der Lama mit dem Gewehr?«

Bergweltidyllen sind auch in der gerade angelaufenen Politkomödie »Was will der Lama mit dem Gewehr?« von Pawo Choyning Dorji zu sehen. Im Königreich Bhutan sollen auf Geheiß des Königs demokratische Wahlen stattfinden.

Doch der Lama eines Dorfs verlangt urplötzlich nach einem Gewehr, »um die Dinge wieder in Ordnung zu bringen«. ­Welche, das bleibt etwas unklar. Sein Meisterschüler aber macht sich auf den Weg, um die Waffen zu besorgen. Eine entspannt-vergnügliche Persi­flage auf die sogenannten Errungenschaften der vom Kapitalismus ­kontaminierten Demokratie.