Carbonara e una Coca-Cola
Italiens Esskultur ist weit über das Land hinaus Gegenstand emotionaler Debatten. Wer jemals in einer WG-Küche oder auf einer Party in eine Auseinandersetzung über Nudelsorten, Pizzabelag und regionale Vorlieben geraten ist, inklusive Naserümpfen über die Frage, mit welchem Besteck man Pasta eigentlich verzehrt, weiß, worum es geht. Auch der Autor dieses Textes kann sich von einem gewissen Überengagement nicht ganz freisprechen. Italienische Esskultur ist weltweit so etwas wie ein säkularer Religionsersatz geworden.
Schaut man nach Italien, scheint das Land in einem ständigen Kampf gegen den Verfall der guten Küchensitten begriffen. Penibel wachen Initiativen und Schutzkonsortien wie die Confraternita del Tortellino (Bruderschaft des Tortellino) über korrekte Zutaten und Zubereitungsweisen bis auf die letzte Kommastelle hinter den Grammangaben.
Bruderschaft des Tortellino
Politisches Personal bis in die hinterste Reihe lässt sich bei jeder Gelegenheit beim Verspeisen ikonischer oder obskurer Spezialitäten fotografieren, von denen bald 5.000 offiziell als »traditionelle Lebensmittel« gelistet oder durch die EU, nationale oder regionale Erlasse zertifiziert sind. Um diesen Reichtum zu bewahren, möchte die Regierung der postfaschistischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni Italiens Küche auf die Unesco-Liste des immateriellen Kulturerbes setzen. Die Entscheidung soll 2025 fallen.
Besorgt um die nationale Esskultur zeigt sich auch Matteo Salvini, der Vorsitzende der rechtsextremen Partei Lega, die Melonis Koalition angehört. Im Frühjahr 2023 warnte er, das Ausland mache die Tradition und die Identität Italiens schlecht und zersetze sie. »Jetzt auch noch ›Experten‹ und Zeitungen, die auf unsere Geschmacksnoten und unsere Schönheit neidisch sind!«
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