Auch Betriebssportgruppen dienen der Steigerung der Produktivität

Hauptsache Bewegung

Was könnte da besser sein als die gemeinsame schweißtreibende Bewegung, um die Produktivität zu steigern?

Stellen Sie sich vor, Sie arbeiten in ­einem Büro, umgeben von Menschen, die mehr Zeit mit dem Scrollen durch ihre E-Mails verbringen als mit irgendeiner anderen Beschäftigung. Zum ­Mittagessen gibt es Pizza und Club-Mate.

Plötzlich ertönt das Geräusch ­einer Trillerpfeife – und schon sind Sie mittendrin im Betriebssport! Ja, das ist der Moment, in dem jemand beschlossen hat, dass alle ein bisschen mehr »Teamgeist« brauchen.

Und was könnte da besser sein als die gemeinsame schweißtreibende Bewegung, um die Produktivität zu steigern? Schließlich sagt man, ein fitter Mitarbeiter sei ein glücklicher Mitarbeiter – und ein glücklicher Mitarbeiter sei ein produktiver Mitarbeiter. Ein gesunder Geist in einem gesunden Körper? Oder war es irgendwie umgekehrt? Egal! Hauptsache, die Bewegung fördert die Gesundheit der Belegschaft, was zu einem geringeren Krankenstand führt. Gesunde Arbeiter sind produktiver, motivierter und schaffen mehr Kohle ran. So ähnlich eben, wie es sich mit einer gesunden Milchkuh verhält. 

Wer braucht schon einen Fitnessraum, wenn man die Treppen zum Kopierer als Ort eines »hochintensiven Intervalltrainings« deklarieren kann? 

Die erste Herausforderung im Betriebssport ist aber die Auswahl der Sportart. Während einige Unternehmen die Klassiker wie Fußball oder Volleyball bevorzugen, gibt es auch die innovativen Firmen, die »Bürostuhl-Rugby« oder »Kaffeetassen-Biathlon« einführen. Letzteres erfordert nicht nur Geschick, sondern auch eine gute Portion Koffein, um die Zielgenauigkeit beim Werfen der leeren Tassen zu verbessern. Und seien wir ehrlich, wer braucht schon einen Fitnessraum, wenn man die Treppen zum Kopierer als Ort eines »hochintensiven Intervalltrainings« deklarieren kann? 

Natürlich gibt es auch die Übermotivierten, die mit einem Trainingsplan in der Hand ins Büro kommen und jeden dazu drängen, sich dem »Betriebssport-Team« a.k.a. Fitness-Kette »Urban Sports Club« anzuschließen. Diese Menschen sind die wahren Held:in­nen des Büroalltags – sie sind immer bereit, einen »Team-Build­ing«-Ausflug zu organisieren, selbst wenn das bedeutet, dass man um 7 Uhr morgens im Görlitzer Park joggen muss. Und irgendwann glaubt man dann womöglich selbst, dass diese Art der Ertüchtigung eine gute Sache sei. Früher haben wir gemeinsam geraucht, heute machen wir planks

Ernst-Mühsam-Pokal für die »Jungle World«

Ein weiteres Phänomen sind die Betriebssport-Turniere. Hier treffen sich Mitarbeiter verschiedener Abteilungen oder verschiedener Firmen, um gegeneinander zu kicken oder um die Wette zu laufen. Schließlich reicht es nicht aus, im Arbeitsalltag miteinander zu wetteifern. Die Kolleg:in­nen sollen bitte auch fernab des Schreibtischs gegen­einander antreten.

Auch die Jungle World hat übrigens schon erfolgreich an einem solchen Turnier teilgenommen und den Ernst-Mühsam-Pokal gewonnen. Das war ­natürlich was ganz anderes und hatte nichts mit den durchoptimierten Körpern und dem Fitnesskult im Kapitalismus zu tun – das war nur Spaß am Fußball.