Die Kontinuität deutscher Ideologie in der DDR und der Erfolg der AfD in Ostdeutschland

Antipolitik für Zurückgebliebene

Das Phänomen des besonderen Erfolgs der AfD in der ostdeutschen Fläche hat eine Vergangenheit, die nicht zu erklären ist, ohne die DDR in der Kontinuität deutscher Ideologie zu begreifen. Dass dieses Phänomen aber Zukunft hat, liegt nicht zuletzt am Niedergang des ländlichen Raums.
Essay
Von Uli Krug

»Der Osten macht’s!« und »Der Osten steht auf« – das waren die Hauptparolen der AfD in den zurückliegenden Landtagswahlkämpfen in Thüringen und Sachsen. Der Erfolg dieser Agitation war schlagend, ein Musterbeispiel dafür, wie Identitätspolitik funktioniert: als Appell ans kollektive Ressentiment, der jede Sachfrage von Infrastruktur- und Sozialpolitik – von denen es nicht eben wenige gibt – nahezu komplett vom Tisch wischte.

Diese Parolen haben sicherlich nicht nur die AfD-Wähler angestachelt, sondern auch Revanche-Gelüste klassischer DDR-Nostalgiker. Jene also, die nicht vergessen haben, was ihnen in Staats- und Familientradition beigebracht worden war: dass nämlich der Faschismus aus dem Westen, der Frieden hingegen aus dem Osten komme, weswegen dieses Milieu es vorzog, mit Sahra Wagenknecht eine aus ihrer Mitte zu wählen.

Dem Satz »Wir leben nur scheinbar in einer Demokratie, tatsächlich haben die Bürger nichts zu sagen« stimmten 54 Prozent der befragten Ost-, aber nur 27 Prozent der befragten Westdeutschen zu.

Dass sich die Hälfte aller Wähler gegen den Westen im ganz Allgemeinen beziehungsweise das, was sie dafür halten, entschieden hat, bestätigt nachdrücklich alle soziologischen Untersuchungsergebnisse zum mentalen Unterschied zwischen West- und Ostdeutschland. Eine Allensbach-Untersuchung vom August kam unter anderem zu folgendem Ergebnis: Dem Satz »Wir leben nur scheinbar in einer Demokratie, tatsächlich haben die Bürger nichts zu sagen« stimmten 54 Prozent der befragten Ost-, aber nur 27 Prozent der befragten Westdeutschen zu. Seit Anfang der neunziger Jahre ist diese Differenz mit gewissen Schwankungen ähnlich geblieben, auch wenn man mittlerweile für Ostdeutschland auf einen der höchsten je gemessenen Werte kommt.

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