Altbekannte Propaganda

In den sechziger Jahren bereiste die US-amerikanische Kriegsreporterin und Schriftstellerin Martha Gellhorn (1908–1998) mehrmals Israel und die Flüchtlingslager der Palästinenser. Ihre damals entstandenen Reportagen sind nun in dem Band »Die Araber von Palästina« auf Deutsch erschienen.

In der gleichnamigen längsten Reportage schildert Gellhorn ihre Eindrücke aus Flüchtlingslagern in Jordanien, dem Libanon und dem Gaza-Streifen. Überrascht davon, keine Verelendung vorzufinden, berichtet sie von einer weitgehend funktionierenden Versorgung, die das junge UN-Hilfswerk für Palästina-Flüchtlinge (UNRWA) organisierte. Gellhorn spricht sogar vom einzigen »Wohlfahrtsstaat« im Nahen Osten.

Der Antisemitismus, zeigt Gellhorn, wurde von den arabischen Diktaturen gezielt gefördert und auch an den UN-finanzierten Schulen verbreitet.

Zugleich war sie dort durchweg mit antisemitischer Propaganda konfrontiert, der zufolge Israel der zu vernichtende Aggressor war, obwohl es die arabischen Regimes waren, die den Staat angegriffen hatten. Der Antisemitismus, zeigt Gellhorn, wurde von den arabischen Diktaturen gezielt gefördert und auch an den UN-finanzierten Schulen verbreitet. Als Gellhorn 1967 die Schlachtfelder des Sechs­tageskriegs besichtigte, begegnete ihr diese Propaganda erneut, etwa in arabischen Zeitungen. Gellhorn, die 1945 das besiegte Deutschland bereist hatte, kamen die Darstellungen bekannt vor; es war das »Nazibild des Juden, fett, dunkel, mit großer Hakennase und Geiferlippe«.

Ihr Bericht vom Eichmann-Prozess in Jerusalem sticht als besonders eindringlich hervor. Darin zeigt sich Gellhorn fasziniert von der gewissenhaften Aufklärungsarbeit des israelischen Gerichts. Schon damals ahnte sie allerdings, dass Israel in der Propagandaschlacht seinen Feinden stets unterlegen sein würde. Wie recht sie hatte, zeigt Klaus Bittermann in einem Nachwort, das auch die Entwicklungen seit dem Terrormassaker der Hamas vom 7. Oktober 2023 einbezieht.

Martha Gellhorn: Die Araber von Palästina. ­Reportagen über arabische Flüchtlinge, ­Eichmann und den Sechstagekrieg. Aus dem Englischen von Norbert Hofmann und Hans-­Ulrich Möhring. Edition Tiamat, Berlin 2024, 160 Seiten, 18 Euro