Jungle+ Artikel 31.10.2024
»Das 3. Geschlecht«, das erste Magazin für Transvestiten aus der Weimarer Republik, ist nachgedruckt worden

Fast verschwundene Zeitschrift

Von 1930 bis 1932 erschien in der Weimarer Republik die Zeitschrift »Das 3. Geschlecht«, die sich an Transvestiten ­richtete. In Deutschland war bislang nur noch ein einziges Exemplar in einer Bibliothek verfügbar. Nun sind alle fünf Ausgaben mit einem ausführlichen Nachwort neu aufgelegt worden.

Die Zeit der Weimarer Republik bot die Chance für gesellschaftliche Aufbrüche, gerade auch in sexual- und geschlechterpolitischer Hinsicht. Homosexuelle und Transvestiten begannen, sich zu organisieren. Vor allem in Berlin entstand eine vielfältige Szene mit Bars, Verbänden und Zeitschriften. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten endete diese Phase jäh. Die Lokale wurden geschlossen, die Zeitschriften verboten, Homosexuelle verfolgt. Zudem verschärften die Nazis den bereits bestehenden Paragraphen 175 des Strafgesetzbuchs, der Sexualkontakte zwischen Männern kriminalisierte.

Im Zuge der Verfolgung und der Vernichtung kultureller Zeugnisse gingen viele wertvolle Dokumente unwiederbringlich verloren. Doch ­einige konnten bewahrt und später wiederentdeckt werden und einen Ausgangspunkt für historische Forschungen zu sexuellen und geschlechtlichen Minderheiten bilden. Gerade Zeitschriften, die sich an Lesben, Schwule oder Transvestiten richteten, sind wertvolle Quellen. Sie behandelten damals aktuelle Themen und druckten Kurzprosa; großen Raum nahmen aber auch die Inserate und Annoncen ein, durch die man heutzutage einen guten Eindruck davon bekommen kann, wie die Leserschaft miteinander vernetzt war und welchen Verbreitungsradius die jeweiligen Zeitschriften hatte. Die erste erfolgreiche Zeitschrift dieser Art war die vom Deutschen Freundschaftsverband ab 1919 herausgegebene Freundschaft. Sie inspirierte im ganzen Deutschen Reich Gründungen von Ortsgruppen Homosexueller und beförderte damit emanzipatorische Bestrebungen.

Der Historiker Rainer Herrn sieht in »Das 3. Geschlecht« ein wichtiges Zeugnis der Konstituierung der Transvestiten als Gruppe und auch des Versuchs, sie in die politischen Emanzipations­bewegungen von Homosexuellen einzubinden.

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