Homestory #45/24
Dass man bei einer Zeitung arbeitet, erzählt man wildfremden Menschen nicht immer gerne. Man weiß nie, wie sie reagieren. Nicht selten bekommt man dann eine mehr oder weniger irre Medienschelte zu hören: Erdoğan werde in den deutschen Medien verleumdet, die Gefahr der Pandemie sei völlig übertrieben und die stecken da oben doch ohnehin alle unter einer Decke – und man kann noch froh sein, wenn zumindest Israel in den Tiraden nicht erwähnt wurde.
Nur noch 57 Prozent der Deutschen hielten die überregionale Presse für vertrauenswürdig, fand kürzlich eine repräsentative Umfrage des Allensbach-Instituts heraus. Man lehnt sich wohl nicht zu weit aus dem Fenster, wenn man als Grund dafür vor allem pressefeindliches Ressentiment vermutet. Journalisten sind nicht gerade beliebt, so scheint es.
Eine Blitzumfrage im Kollektiv über die Erfahrungen mit dem journalistischen Berufsstand fällt ambivalent aus.
Eine Blitzumfrage im Kollektiv über die Erfahrungen mit dem journalistischen Berufsstand fällt ebenfalls ambivalent aus. Einer beklagt zum Beispiel, wie häufig Redakteure von bisweilen den größten deutschen Zeitungen oder von öffentlich-rechtlichen Fernsehsendern bei der Jungle World anfragten, ob sie kostenlos Artikel zugeschickt bekommen können, die hinter der Jungle-Paywall stehen – sie also nicht einmal das Geld für das günstige Online-Abo springen lassen wollen, obwohl sie anscheinend Jungle-Artikel für die eigene Recherche brauchen.
Ein anderer beschwert sich über ein kürzliches Erlebnis bei einem Pressetermin, als ein Fernsehkorrespondent sich in nächster Nähe lautstark unterhielt, während er gerade versuchte, ein Interview zu führen.
Aber natürlich gibt es auch zig positive Beispiele. Eine Kollegin arbeitete früher beim Radio. Eines Tages erhielt sie einen Anruf von einem Journalisten. Der hatte sich einige Mühe gemacht, sie zu kontaktieren, nur um sie zu warnen, dass sie in einem Beitrag möglicherweise einem klagewütigen Rechtsextremen eine Steilvorlage gegeben hatte. Nett und kollegial sei das gewesen, meint sie.
Im Ausland herzlich empfangen
Ein anderer erzählt, wie er bei einer Recherche zur Homophobie im Fußball reichlich Tipps und Kontakte von einem erfahrenen Kollegen einer anderen Zeitung erhalten habe.
Von ihrer besten Seite lernen wir Journalisten auf unseren Auslandsreisen kennen, wenn uns ausländische Kollegen meist herzlich empfangen und uns geduldig erklären, was in ihren jeweiligen Ländern überhaupt Sache ist. Am weitesten trieb es die schweizerische Wochenzeitung Woz. Die schmiss gleich eine kleine Party für uns, als wir sie in ihrem Büro in Zürich besuchten.