Germanische Superhelden
Es ist mittlerweile ein paar Jahre her, da zog die Fantasy-Serie »Game of Thrones« ein Massenpublikum an. Damals müssen sich beim Fernsehsender RTL Plus und der Münchner Filmfirma Constantin ein paar Leute gesagt haben: Etwas Mittelalterliches mit dröhnendem Soundtrack, Intrigen, viel Gewalt und Sex – das können wir auch.
Und weil man schließlich eine deutsche Firma ist, entschied man sich für die Sage um die Nibelungen. Siegfried der Drachentöter, Hagen, der ihn hinterrücks ermordet, die Walküre Brunhild, die Siegfried für den Burgundenkönig Gunter unterwirft, Kriemhild, die Siegfried liebt und seinen Tod blutig rächt, und schließlich der Untergang in einem Gemetzel im Thronsaal des Hunnenkönigs Etzel – der Stoff scheint perfekt für filmischen Mittelalter-Trash.
Der Anführer der österreichischen Identitären, Martin Sellner, behauptet, er sei bei dem Nibelungen-Film nach 15 Minuten aus dem Kinosaal gestürmt.
Die Nibelungensage überliefert Ereignisse aus der Zeit der Einfälle der Hunnen nach Mittel- und Westeuropa im fünften Jahrhundert und wurde im 13. Jahrhundert im Nibelungenlied festgehalten. Im 19. Jahrhundert, als man auf der Suche nach mythischen Ursprüngen der Deutschen bei den alten Germanen war, avancierte diese Dichtung zum Nationalepos. Davon zeugt insbesondere Richard Wagners Opernzyklus Der Ring des Nibelungen.
Der Film »Hagen – Im Tal der Nibelungen«, der seit Mitte Oktober in den Kinos läuft – im kommenden Jahr soll eine sechsteilige Serie aus der gleichen Produktion auf RTL Plus folgen – basiert auf einem Roman des Fantasy-Autors Wolfgang Hohlbein aus den achtziger Jahren. Deren Hauptfigur ist Hagen, der hier nicht als niederträchtiger Verräter erscheint, sondern sein persönliches Glück opfert, um die Ordnung des Staats und die Macht seines Königs gegen den anarchischen, von seinen individuellen Interessen getriebenen Siegfried verteidigt.
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