07.11.2024
Ein serbischer Nationalist arbeitete im Bundestag für das BSW

Ein Reserveoffizier macht Friedenspolitik

Die BSW-Bundestagsabgeordnete Żaklin Nastić beschäftigte in ihrem Büro den serbischen Nationalisten Andreja Lović. Das passt gut zum außenpolitischen Programm ihrer Partei.

Die Reden der Abgeordneten Żaklin Nastić (Bündnis Sarah Wagenknecht, BSW) im Bundestag zum Kosovo hören sich an, als kämen sie direkt aus dem serbischen Informationsministerium. Sie bezeichnet den jüngsten Staat ­Europas als »durch die Nato herbeigebombten künstlichen Staat«, verlangt von der Bundesregierung, die Anerkennung der Unabhängigkeit des Kosovo rückgängig zu machen, und verschweigt serbische Kriegsverbrechen. Nastić, die auch dem Bundesvorstand des BSW angehört, bezeichnet das Kosovo auch wiederholt als »Kosovo und Metochien«, eine serbische Sprachregelung, die im deutschsprachigen Raum kaum jemand verwendet – außer serbischen Nationalisten.

Da passt es ins Bild, dass Correctiv am 17. Oktober eine Recherche veröffentlichte, aus der hervorgeht, dass ein nationalistischer Reserveoffizier der serbischen Armee in ihrem Büro gearbeitet hat. Kurz nachdem dazu eine Anfrage von Correctiv bei Nastić eingegangen sei, sei sein Name von ihrer Website gelöscht worden, Nastić habe außerdem mitgeteilt, dass das Arbeitsverhältnis Ende Oktober ende. Im Zentrum der Recherche steht die Erkenntnis, dass der fragliche Mitarbeiter Nastićs, Andreja Lović, im April 2023 als Redner bei einer »Konferenz zur multipolaren Welt« des russischen Nationalisten Aleksandr Dugin einen Vortrag hielt. Dugin ist ein rechtsextremer Netzwerker mit guten Kontakten in den Kreml, der offen die Unterwerfung oder auch gleich Vernichtung der Ukraine fordert. Eingeleitet wurde die Konferenz vom russischen Außenminister Sergej Lawrow.

Im serbischen Fernsehen äußert Andreja Lović Sympathien für BSW und AfD, weil beide ähnliche Ansichten zur Russland-Politik verträten wie die serbische Regierung.

Lović ist ferner beim »Zentralrat der Serben in Hessen« tätig, einem 2008 gegründeten Verein, der für sich in Anspruch nimmt, die serbische Diaspora zu vertreten; der Vereinshomepage zufolge ist Lović dort Vorstandsmitglied und Leiter des Jugendausschusses. Correctiv hat zudem recherchiert, dass Lović Kontakt zu Arno Gujon unterhielt, einem französisch-serbischen ehemaligen Aktivisten der Identitären Bewegung in Frankreich, der inzwischen im serbischen Außenministerium für Kontakte zur Diaspora zuständig ist. Brisant ist daran: Auch Nastić hat sich im März im serbischen Außenministerium mit Gujon getroffen.

Wer den Namen Andreja Lović bei Google eingibt, findet schnell ein Foto von ihm mit sieben anderen Soldaten, alle in Uniform und schwerbewaffnet. Lović hält dabei mit einem Kameraden die serbische Flagge, andere halten ihre Maschinengewehre in die Kamera, ­einer hebt drei Finger zum serbischen Gruß. Zu dem friedenspolitischen Image, das sich das BSW gerne gibt, passt dieses Foto nicht wirklich.

Kremltreue Positionen

Lovićs Beschäftigung wirft zudem sicherheitspolitische Fragen auf, da Nastić im Verteidigungsausschuss sitzt und Zugriff auf sensible Informationen hat. Andreja Lović ist häufiger bei regierungsnahen serbischen Medien zu sehen, in denen er als braver Gast den autokratischen Präsidenten Serbiens, Aleksandar Vučić, lobt. Ein Sender, bei dem er öfter auftritt, heißt Informer und ist von seiner Seriosität her mit Jürgen Elsässers Compact-Magazin vergleichbar. Informer verbreitet Verschwörungsmythen, ethnischen Hass, Regierungspropaganda und titelte im Februar 2022 mit der Zeile: »Die Ukraine greift Russland an«.

Lović wird dort als meist als Politologe und Deutschlandexperte, manchmal auch als serbischer Reserveoffizier vorgestellt und verbreitet innerhalb we­niger Minuten so viel Desinformation, dass sich ein Faktenchecker tagelang damit beschäftigen könnte. Dazu finden sich Behauptungen wie die, dass man in deutschen Stadtzentren kaum noch weiße Männer sehe, und auch einen be­leidigenden Begriff für Albaner verwendet er gelegentlich. Lović vertritt kremltreue Positionen und findet, der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán sollte aufgrund seiner Positionen zu Russland und zur Ukraine für den Friedens­nobelpreis vorgeschlagen werden.

Interessant ist sein Auftritt bei Informer am 25. Mai zum Massaker von Srebrenica. Konkret ging es in der Sendung um eine Resolution der UN, in welcher der 11. Juli zum internationalen Gedenktag für den Völkermord erklärt wurde. In der Sendung wird wie selbstverständlich davon ausgegangen, dass in Srebrenica kein Genozid stattgefunden habe. Lović leugnet den Genozid in der Sendung nicht direkt, er verurteilt ihn aber auch nicht, verliert kein einziges Wort über die Opfer und spricht genau wie jene, die ihn leugnen.

»Brandmal des Genozids«

Außerdem kritisiert er die deutsche Bundesregierung dafür, dass sie den Serben das »Brandmal des Genozids« aufdrücken wolle. Die Teilnehmer der Sendung scheinen der Überzeugung zu sein, dass die Serben die wirklichen Opfer Srebrenicas seien, nicht die rund 8.000 Bosniaken, die von der Armee der Republika Srpska systematisch getötet wurden.

In derselben Sendung gibt Lović auch eine Einschätzung der politischen Lage in Deutschland ab und äußert Sympathien für BSW und AfD, weil beide ähnliche Ansichten zur Russland­politik verträten wie die serbische Regierung. Was die Zuschauer nicht erfahren, ist, dass Lović kein unabhängiger Kommentator ist, sondern Mitarbeiter eines Vorstandsmitglieds des BSW.

Żaklin Nastić hat sich bisher nicht dazu geäußert, wieso sie Lović beschäftigt hat. Dass sie nicht wusste, welche Ansichten er vertritt, scheint unwahrscheinlich. Nastić befasst sich seit Jahrzehnten mit der Region, hat Serbien und das Kosovo mehrfach besucht, die serbische Sprache studiert und arbeitet seit Jahren zu diesen Themen. Die Annahme liegt nahe, dass Nastić einen serbischen Ultranationalisten und Putin-Fan eingestellt hat, weil er ihre Ansichten in wichtigen Punkten teilt.