Planlos in Cali
An der Dringlichkeit des Problems können eigentlich keine Zweifel bestehen. Allein während der Cop16, der UN-Konferenz zu Biodiversität in der kolumbianischen Stadt Cali, die am 21. Oktober begann und am Samstag verspätet endete, sind statistisch betrachtet fast 2.000 Tier- und Pflanzenarten ausgestorben. Doch wichtige Beschlüsse mussten vertagt werden, denn am Samstag wurde das nötige Quorum verfehlt, weil viele Delegierte ärmerer Staaten bereits abgereist waren. »Wir können uns Umbuchungen nicht leisten, weil uns die Mittel fehlen«, sagte Michelle Baleikanacea, die Vertreterin von Fidschi, das am Ende der Konferenz »der einzige noch präsente pazifische Inselstaat« von insgesamt zehn sei.
Wenn »internationale Gemeinschaft« und Konferenzleitung nicht willens oder fähig sind, in solchen Fällen Abhilfe zu schaffen, verwundert es nicht, dass vor allem über jene Themen letztlich nicht abgestimmt wurde, bei denen konkrete Finanzierungszusagen für weit höhere Beträge fällig gewesen wären.
Der 2022 in Montreal vereinbarte Globale Biodiversitätsrahmen sieht vor, dass bis 2030 mindestens 30 Prozent der weltweiten Land- und Meeresfläche unter effektiven Schutz gestellt werden. Der Finanzierungsbedarf wird auf 700 Milliarden US-Dollar geschätzt. Um einen Anfang zu machen, sollten die Industrieländer von 2025 an jährlich 20 Milliarden US-Dollar in einen Fonds einzahlen.
Es steht um den Artenschutz eher noch schlechter als um den mit ihm eng verbundenen Klimaschutz, der immerhin mit der Aussicht auf Profit für mittlerweile bedeutende Kapitalfraktionen etwa bei der Umstellung auf erneuerbare Energien verbunden ist.
Ein entsprechender Beschluss wurde nicht gefasst, auch über die Funktionsweise des Fonds und die Methoden zur Prüfung der Naturschutzmaßnahmen gab es keine Einigung. Nur 44 der 196 vertretenen Staaten hielten es für nötig, in neuen Plänen darzulegen, wie sie ihre Naturschutzziele erreichen wollen.
Dass größere Pharmaunternehmen künftig für kommerziell verwendete Gensequenzen eine bescheidene Abgabe – ein Prozent des Profits oder 0,1 Prozent der Einnahmen – in einen Fonds zahlen sollen, wurde zwar vereinbart, die gesetzliche Regelung obliegt jedoch der Initiative der Nationalstaaten. Man ahnt, dass diese sich nicht vor Eifer überschlagen werden.
Es steht um den Artenschutz also eher noch schlechter als um den mit ihm eng verbundenen Klimaschutz, der immerhin mit der Aussicht auf Profit für mittlerweile bedeutende Kapitalfraktionen etwa bei der Umstellung auf erneuerbare Energien verbunden ist. Es ist offenkundig noch schwieriger, 30 Prozent des Planeten vor kapitalistischer Verwertung beziehungsweise deren Folgen zu schützen.