Jungle+ Artikel 05.12.2024
Der Schriftsteller Boualem Sansal sitzt wegen »Untergrabung der Integrität« ­Algeriens in Haft

Der Literat im Knast

Der französisch-algerische islamkritische Schriftsteller Boualem Sansal sitzt seit Mitte November in Algerien in Haft. Vorgeworfen werden ihm Äußerungen zur Geschichte Algeriens und Marokkos, die als Gefährdung der staatlichen Sicherheit gewertet werden könnten.

Die einen verlassen das Gefängnis, die Nächsten übernehmen deren Zellen. Am 1. November, zum Jahrestag des Beginns des antikolonialen Unabhängigkeitskriegs, den die Nationale Befreiungsfront (FLN) 1954 eröffnete, amnestierte Algeriens Präsident Abdelmadjid Tebboune rund 4.000 Häftlinge. Darunter waren solche, die wegen »Straftaten gegen die öffentliche Ordnung«, also oft aufgrund politischer Delikte, inhaftiert waren.

Das bedeutet keineswegs, dass das algerische Regime nun einen weniger repressiven Kurs einschlagen würde. Jahrestagsamnestien haben Tradition und dienen auch dazu, an die innenpolitische Lage zu beruhigen, was zumeist nicht von langer Dauer ist. Die Legitimität des Regimes ist angeschlagen, besonders seit Amtsinhaber Tebboune die Präsidentschaftswahl im September nach offiziellen Angaben mit rund 84 Prozent der Stimmen gewann, bei einer Wahlbeteiligung von 46 Prozent. Diese Zahl allerdings wird in weiten Teilen der Bevölkerung angezweifelt und selbst aus offiziellen Dokumenten geht hervor, dass die tatsächliche Wahlbeteiligung nur knapp über 20 Prozent lag.

Sansal droht lebenslängliche Haft wegen Paragraphen, die die Abtretung oder Abtrennung eines Teils des Staatsgebiets als »terroristische oder subversive Handlung« betrachten.

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