Straff geführt in den Wahlkampf
Nach Bonn ins World Conference Center verschlägt es den Bundesparteitag des Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW) am 12. Januar. Dass sich die junge Partei ausgerechnet die Hauptstadt der alten BRD für ihren Parteitag auserkoren hat, wirkt wie eine Reminiszenz an den sogenannten rheinischen Kapitalismus, der heutzutage allzu oft nostalgisch verklärt wird. Auch wenn man der in der DDR aufgewachsenen Parteinamensgeberin, -gründerin und -vorsitzenden bei ihren Lobpreisungen auf Ludwig Erhardt und das »Wirtschaftswunder« zuhört, erscheint die alte Bundesrepublik viel strahlender, als sie je war. Ach, war das schön, als alles noch seine Ordnung zu haben schien!
Ordnung ist wichtig für die Anführerin der neuen Partei und die Prätorianergarde, mit der sie sich umgibt. Auf dem Parteitag dürfte die geplante Verabschiedung eines 39seitigen Bundestagswahlprogramms – neben der Zelebrierung des Personenkults um Wagenknecht der zentrale Tagesordnungspunkt – reibungslos über die Bühne gehen. Übermäßige Diskussionsfreude ist in der Partei schließlich unerwünscht.
Bei keiner anderen im Bundestag vertretenen Partei – die CSU mal ausgeklammert – sind Ostdeutsche in Spitzenpositionen so stark unterrepräsentiert wie im BSW.
Dank ihrer rigiden Aufnahmepraxis hat das BSW bislang nicht einmal 2.000 Mitglieder und damit weniger als die Kleinstpartei MLPD. Gemeinsam haben beide Parteien jedoch den straffen Führungsstil. So wie die Gelsenkirchener Berufsrevolutionär:innen mit eiserner Disziplin der Familie Engel-Gärtner-Fechtner auf ihrem Weg zum »echten Sozialismus« folgen, ist es beim BSW Sahra Wagenknecht und bis zu einem gewissen Grad auch ihr Ehemann Oskar Lafontaine, deren Verkündigungen als mindestens so unfehlbar gelten wie die des Papstes in der katholischen Kirche.
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